Geschichte der revolutionären Pariser Kommune in den Jahren 1789 bis 1794

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Unterm 10. Januar 1791 ſtellte ſi<h Marat. Der Maire Bailly war erſchienen, um ſelbſt über ihn zu Gericht zu ſigen. Da ruft der Schriftſteller Mandar *) aus dem Zuhörer-Raum dem Maire zu: „Sie, mein Herr, ſind in der Sache des Volksfreunds inkulpirt, Sie dürfen nicht zu Gericht ſizen.“ — Bailly, blieb erſt ſumm; dann ſagte ex : „Weil das Publikum ſoeben dur< den Mund eines citoyen den Wunſch zu erkennen gegeben hat, daß i< niht präſidiren ſoll, ziehe ih mi<h zurü>,“ — Auf dieſe Weiſe endete die Sache mit einem Triumphe Marat's. Selbſt die anweſenden, Soldaten riefen ihm zu: „Niemals werden wir unſere Waffen wider Sie gebrauchen.“

Marat war der Einzige, der in ſeinem Blatte die Sache der Arbeiter führte.

Durch die Revolution war, während die Theurung zugleich fortdauerte, ein Stocen der Geſchäfte eingetreten. Zwar waren durch die Errichtung der Nationalgarde die Schneider, die Poſamentirer, die Waffenſchmiede und andere zur Ausrüſtung der Bürgerwehr beitragende Arbeiter ſtark beſchäftigt worden, allein in den meiſten andern Geſchäften gab es Arbeitsſto>œung. Die Folge hiervon war, daß die Arbeiter murrten und ſih zuſammenſchaarten. So verſammelten ſi<h die Shuhmacher in den elyſäiſhen Feldern 5 — 6000 Mann ſtark, die Zimmerleute hielten Zuſammenkünfte im Erzbisthum ab, und andere unzufriedene Gewerke, wie Schloſſer / Maurer, Buchdru>ergehülfen u. \. w., beſtürmten die Munizipalität mit Petitionen: worauf von der Munizipalität an die Nationalgarde dex Befehl erging, die Zuſammenrottungen der Arbeiter aus einander zu jagen. Weil die Bauunternehmer zur Nationalgarde gehörten und viel Einfluß bei der Munizipalität hatten, wurden die hungrigen Arbeiter, welche ſhon die Forderung des Arbeitsertrages erhoben, wie Aufrührer behandelt. Der Maire Bailly ließ folgende charakteriſtiſhe Bekanntmachung in Paris plakardiren :

„Alle Menſchen ſind gleih an Rechten, aber ſie ſind es nicht an Fähigkeiten , Talenten und Mitteln. Es iſ daher unmöglich, daß ſie ſich ſchmeicheln dürften, alle den nämlichen Gewinn zu machen. Ein Geſe, welches ihnen den Preis der Arbeit (den Arbeitslohn) wegnähme und ihnen die Hoffnung raubte, daß die einen mehr als die anderen gewinnen fönnten, wäre alſo ein ungerehtes Geſez. Eine Arbeiter-Koalition behufs der Feſtſezung der Arbeitstage zu gleihförmigen Preiſen und behufs Nöthigung der Arbeiter vom nämlichen Gewerk, ſich dieſer Feſtſeßung zu unterwerfen, würde ſomit ihren wahren Jntereſſen entgegen jein. Eine ſolche Koalition wäre ferner eine Verlegung des Geſees, wäre die Vernichtung der öffentlihen Ordnung, wäre eine Benachtheiligung des allgemeinen Jutereſſes, ſowie das Mittel, Diejenigen,

*) Michel Philipp Mandar, genannt Theophilus (Gottlieb), geboren den 19. September 1759 zu Marines bei Pontoiſe, hatte am 13, Juli 1789 den Beſehlshaber der Schweizer Bezenval überredet, ſeine Truppen vom Marsfelde zurü>zuziehen, ſodaß das Volk ſih Waffen aus dem Jnvaliden-Hôtel holen fonnte. Er that ſih au< bei den Aufſtänden vom 20. Juni und 10. Auguſt 1792 hervor, fiel aber dann von der Revolution ab und ſtand unter dem Kaiſerreiche im Solde der Regierung, Er ſtarb 2, Mai 1823 zu Paris.