Geschichte der revolutionären Pariser Kommune in den Jahren 1789 bis 1794

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war Präſident dieſer Verwaltung, bei der ſi<h v. Tailleyrand, Germain Garnier, Desmeuniers, Desfaucherets u. a. m. befanden.

Der neue Maire von Paris charakteriſirte ſi<h dadur<, daß er mit den Jakobinern liebäugelte und, ſoviel er konnte, die Dinge ihren Gang gehen ließ.

Jerome Petion de Villeneuve *) war 1753 zu Chartres geboren und in ſeiner Heimath beim Ausbru<h der Revolution Advokat. Jn die Verſammlung der Reichsſtände als Vertreter des dritten Standes gewählt, gehörte er hier nebſt Robespierre zur äußerſten Linken. Da ex ſi<h brav hielt und ſi<h nicht beſtehen ließ, nannte ihn das Volk den tugendhaften Petion, während Robespierre den Beinamen „der Unbeſtehlihe“ erhielt. Er trat mehrmals Mirabeau entgegen und ſlug denſelben in der Frage bezüglich der ſofortigen Erklärung der Menſchenrechte. *) Auch ſprah ex gegen das abſolute Veto des Königs. Nach dem Shmauſe der Leibgarde und der Offiziere des flandriſhen Regiments zu Verſailles griff Petion das Betragen der Königin aufs Heftigſte an und ſchien hierdur<h das Signal zum Pariſer Aufſtande vom 5. Oktober 1789 gegeben zu haben. FJndem er in glühenden Worten für die Freigebung der in den franzöſiſchen Kolonien befindlichen Neger eintrat, trug er zum ſpäteren Neger-Auſſtande bei. Jn Uebereinſtimmung mit Barnave und Alexander Lameth betonte er, daß das Recht, Krieg oder Frieden zu machen, der Nation allein zuſtände. Seine desfallſige Rede war ſo meiſterhaft und ſein Triumph ſo vollkommen, daß er am Ende des Jahres 1790 zum Präſidenten der konſtituirenden Verſammlung ernannt wurde. Er provozirte ein Geſez gegen die landesflüchtiger Reaktionäre und widerſetzte ſih dem perfiden Antrage des vom Hofe beſtohenen Mirabeau auf Reviſion, das heißt: auf Verſchlehterung, der Konſtitution. Jm Monat Juni 1791 wurde er zum Präſidenten des zu Paris eingeſeßten Kriminal-Gerichts ernannt, bei welchem Robespierre vom Juni 1791 bis zum April 1792 als Staatsanwalt fſungirte, trat aber ſein Amt nicht an. Als der König auf der Flucht in Varrennes arretirt worden war, war Petion einer von den Kommiſſären, die den gefangenen Monarchen nah Paris zurü>bringen mußten. Petion benahm ſich bei dieſer Gelegenheit gegen die treuloſe königlihe Familie, wie es einem Volksvertreter und Republikaner geziemt. Nach ſeiner Rückkunft in Paris unterſtüßte Petion im Jakobiner-Klub Briſſot und Laclos, die Hauptanſtifter der republikaniſchen Demonſtration für Abſezung des Königs, jener Demonſtration, welche in die blutige Niederlage der Republifkaner auf dem Marsfelde auslief. Jn der fkonſtituirenden NationalVerſammlung that er jeht ſeine Pflicht, indem er in kräftigen Worten forderte, daß Ludwig Capet wegen ſeiner Flucht abgeurtheilt würde. Auch ſette ex den Antrag dur<h, wonach für die Deputirten der Wahlzenſus abgeſchafft wurde. Als den 30. September 1791 die konſtitui-

*) Ex ſchrieb ſeinen Namen ohne Akzent, doh wurde derſelbe Pétion aus-

geſprochen. **) S, Nouvelle Biographie Générale, redigirt von Dr. Höfer. — Regnault8 Warin, Vie de Petion, maire de Paris, Bar-le-Duc, 1796, 8°.