Griechische Bildwerke : mit 140, darunter etwa 50 ganzseitigen, Abbildungen
Ausdruck fand. Die geschnittenen vielfarbigen Edelsteine, die aus dünnem Golddraht geflochtenen Halskettchen mit tropfendem, perlendem Behang, der mannigfaltige Ohrschmuck (wo etwa um eine Weintraube, deren gedrängte Beeren aus rötlichem Karneol geschnitten sind, sich gezackte Blätter und gerollte Reben aus weichem Gold legen). Endlich die Unzahl der griechischen Münzgepräge in Silber und Gold. Sie allein würden genügen, uns von der Lauterkeit, der Zartheit und der hellen, sicheren Intelligenz des griechischen Kunstgeistes den höchsten Begriff zugeben. Diesem unbegrenzt reich empfindenden Volk war auch das Kleinste, ein paar Weizenkörner, eine Muschel, ein Taschenkrebs, eine Gerstenähre wertvoll genug, um die ganze künstlerische Kraft an ihre feine und treue Nachbildung zu setzen. Wie ein reiner Himmel mag sich zuletzt die durchsichtige Klarheit des griechischen Denkens über dieser Kunstwelt wölben, und die jeder Empfindung und jedem Zustand gerechten Rhythmen der griechischen Dichtung müssen hereinklingen.
10.
Unter den nach Tausenden zählenden antiken Bildwerken unserer Museen verschwinden die originalen Arbeiten griechischer Künstler. Das meiste von dem, was erhalten blieb, ist handwerklich schlechte Kopistenarbeit, die das Leben der Oberfläche getötet hat und, wo es sich um Kopien von Bronzewerken in Marmor handelt, auch die ursprüngliche Gesamterscheinung fälscht. Diese Nachbildungen stammen aus einer Zeit, in der das Empfinden für die stilistischen Bedingungen der Marmor- und der Bronzearbeit bereits geschwächt oder ganz geschwunden war.
Jede künstlerische Arbeit rechnet mit dem Stoff, in dem sie ausgeführt werden soll, und darum kann man Marmor und Bronze nicht einfach vertauschen, ohne den ursprünglichen Charakter des Werkes zu beeinträchtigen; um so weniger, je vorzüglicher das ursprüngliche Werk war, das heißt, je mehr es von vornherein in dem Geist eines bestimmten Materials erfunden war.
Die dunkelfarbige Bronze setzt sichscharf von der Luft ab, in sich ganz gleichartig zeigt sie eine gleichmäßig glatte, scharf bestimmte Oberfläche, die das Licht nirgendwo aufsaugt oder in breiter Verteilung annimmt, sondern es entweder blank abfließen oder in scharf begrenzten Glanzlichtern herausspringen läßt. Die Bronze fordert daher einen knappen deutlichen Umriß, klar gegliederte und konzentrierte Modellierung, die dem Schatten und dem Licht von vornherein bestimmt umgrenzte Bezirke anweist.
Den körnigen hellen Marmor dagegen umfaßt die Luft sanfter, das Licht haftet an seiner weicheren Oberfläche, es scheint in die Poren des Steines einzudringen und spielt in leichter Verstreuung mit sanfteren Übergängen vom Licht zum Schatten hinüber, und diese schwebenden Nuancen zwischen Licht und Schatten werden zu um so größerer Wirkung kommen, je feiner die Beugungen und Wendungen aller Flächen ineinanderfließen.
Ein Marmorwerk in Bronze übertragen wird daher unruhig, flimmernd und willkürlich umrissen erscheinen, weilderweiche Zusammenhang der Innenzeichnung durch zu dunkle Schatten und zu helle Lichter zerrissen wird. Ein Bronzewerk in Marmor umgesetzt muß die ursprüngliche Präzision seiner Modellierung verlieren, weil die Formen nun ineinanderfließen und sich überall in die ursprüngliche Disposition Mitteltöne einschleichen; es wird schwächlich im Umriß erscheinen, weil das Spiel von Licht und Schatten die gerade so gewollte Schärfe des originalen Konturs abrundet. Ganz verschlossen bleibt endlich dem Ziseleur die weiche Behandlung der Oberfläche, dem Bildhauer die scharfe Eleganz der Ziselierarbeit, die dem Bronzewerk erst die letzte metallmäßige Vollendung gibt.
Dur Bronzegießer bossiert sein Modell in Ton oder Wachs, aber er denkt schon an das starre Metall, wenn er die weiche Masse mit spitzigen oder breiten Werkzeugen modelliert. Es ist ein abstrakteres, überlegenderes, zugleich ein kühleres Arbeiten. Fehler lassen sich noch beseitigen,