Illustrierte Geſchichte des Weltkrieges 1914/15., стр. 298
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alles aufgeboten, den Gegner aus dem Gebiet nördlih
von Cholm, wo jeder Schritt desſelben weiter voran pein- |
lih und gefahrdrohend erſcheinen mußte, unbedingt fernzuhalten. Dennoch öffneten ſi<h die hartnä>igen Angreifer die Zugänge zum Gürtel der Weſtſront der gewaltigen
Lagerfeſtung (ſiehe au< die untenſtehende Karte), die ein
E>pfeiler der ruſſiſhen Hauptmacht war. Troß aller Verteidigungsfunſt der Ruſſen war es am 17. Auguſt nach erneutem nachhaltigem Dru> auf den Feind niht mehr fraglih, daß dieſe wichtige Stüße der ruſſiſ<hen Hauptſtellung über furz oder lang berannt werden würde. :
Das ruſſiſ<he Hauptheer, das ſi<h im Süden na< dem Fall von Warſhau und Jwangorod auf Breſt-Litowsk ſtüßte, ſtand und fiel im Norden mit der mindeſtens gleichſtarken Feſtung Kowno (ſiehe die Karte Seite 201, ſowie den Artikel und die Bilder Seite 196—199). - Gleichzeitig mit dem Dru> auf die Narewfront, der zur Einnahme der Feſtung Lomſha führte, ward auh der Angriff auf Kowno eingeleitet und dur<hgeführt. Bei einem Vordrängen gegen die Weſtfront von Kowno nahmen die Deutſchen ſhon am
Illuſtrierte Geſchichte des Weltkrieges 1914/15.
Seite 247), fingen über 4500 Ruſſen und erbeuteten 240 Ge-= \<hüße und ſonſtiges Gerät. Am Fort 1 zeihnete ſh ein heſſiſhes Regiment ganz beſonders aus, während ein badiſhes Reſerveregiment das Fort 5 eroberte und dabei allein 135 Geſhüße gewann. Frohlo>end hörte man die Kunde von dieſem Erfolge in Deutſhland und ÖſterreichUngarn, zeigte doh die gewaltige Beute an Geſchüßen un=verktennbar deutli, daß die Ruſſen mit einer langen Verteidigung Kownos gere<hnet hatten. Sie hätten ja zur Räumung Kownos ſo gut wie bei den Weichſelfeſtungen Zeit in Maſſe gehabt. Seit Wochen waren ſie bemüht geweſen, das toſtbare Artilleriematerial in Sicherheit zu bringen und zu. ſhonen, ſelbſt wenn dadur< die Jnfanterie ungeheuerlihe blutige Opfer: zu bringen hatte. Und nun hatte es in Kowno eine ſo gewaltige Beute gerade: an Geſhüßen gegeben. Es war ausgeſ<loſſen, daß die Ruſſen
_ni<t auf einen beſonders andauernden Widerſtand dex
Feſtung gere<net hätten. Von einer regelrehten Belagerung war bei Kowno niht die Rede geweſen. Wie ſhon vorAntwerpen, wie vor furzem bei Warſchau, hatte ein gegen
6. Auguſt 2 Maſchinengewehre und über 500 Gefangene. Am Tage des Sturmes auf Lomſha, am 9., wurde der Angriff unter ſtändigen Kämpfen au< wieder näher an Die
Fortlinie von Kowno herangetragen. Diesmal erbeuteten
die Deutſchen außer einigen. hundert Gefangenen au< vier Geſhüße. Die Ruſſen machten ihrerſeits tags darauf aus Kowno mit ſtarken Kräften einen umfangreihen Angriff. Er ſcheiterte, und bei dieſer Gelegenheit“ erhöhte ih die Zahl der ſeit dem 8. Auguſt eingebrahten Beute auf
2116 Gefangene und 16 Maſchinengewehre. Am 183. Auguſt
nahmen die Deutſchen vor Kowno den befeſtigten Wald von Dominikanka und behielten wieder 350 Gefangene. Ein erneuter ruſſiſher Ausfall am nächſten Tage mißlang, die Deutſchen tamen der Feſtung wieder ein gutes Stü näher und machten 1000 Gefangene. Auch am 15. ſ{hobenſie ſich kräftig weiter an die. Feſtung heran, machten exfolgreihe Angriffe gegen die Vorſtellungen und fingen 7 Offiziere und 1730 Mann. Am 16. Auguſt holten die Deutſchen unter der Führung des Generaloberſten v. Eichhorn und des Generals v. Lißmann zu dem erſten Hauptſhlage aus, der friſ<h und ſ<neidig aufs Ganze gerihtet war. Sie erſtürmten die zwiſchen Jeſia und Njemen liegenden
Forts der Südweſtfront von Kowno (ſiehe die Bilder.
Das Feſtungsgebiet von Breſt-Litowsk aus der Bogelſchau,
einen Abſchnitt der Befeſtigungen gerichteter Frontalangriff das Bollwerk ſturmreif gema<ht und den Deutſchen ausgeliefert. Gerade in dieſem Augenbli> verkündete aber die ruſſiſche Telegraphenagentur in einer langen, zum Troſt des eigenen Volkes und der Verbündeten aufgeſtellten Überſicht iber“ die Geſamtlage der ruſſiſhen Heere: „Es iſt DUrL=aus far, daß das ruſſiſhe Armeekommando kÉeineswegs daran denkt, Kowno zu räumen.“ Jn dem Augenbli>, als dieſe ermunternden Worte in England und Frankreich geleſen und geglaubt wurden, wurde in Deutſchland und Öſterrei - Ungarn die freudige Kunde verbreitet: „Die Feſtung Kowno iſt in dèr Nacht vom 17. bis 18. Auguſt mit allen Forts und unzähligem Material, darunter weit mehr als 400 Geſhüße, in deutſhen Beſiß gekommen. Mit ſtürmender Hand wurde. ſie troß zähen Widerſtandes genommen.“ Die Zahl der erbeuteten Geſhüße wurde ſpäter auf 1301 feſtgeſtellt. Das war eine Tatſache, die nicht aus der Welt zu lügen und deren Bedeutung dur keine Bekrittelung herabzumindern war. Der Sieg von Kowno war ein Haupthieb gegen die ruſſiſhen Armeen, der ſie uileugbar an empfindliher Stelle traf und beſonders wegen Der gewaltigen Geſhüßbeute unbeſtreitbar \hmerzli<h ſ<hwächte.-
Dex Fall Kownos ermöglichte den ſiegreichen deutſchen