In jedes Menschen Gesichte steht seine Geschichte : Lehrbuch der Physiognomie : mit 140 Abbildungen

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taub geboren jein fann, jo gut fann einer bei der jchönften Ntafe Ichleht viehen und ein Narr jein.“*, Böllig fällt er aus der Rolle auf Geite 29, indem er das Galto mortale jchlägt: „Warum deutet ihr nicht den Monat der Geburt, falten Winter, faule Windeln, leichtfertige Wärterinnen, feuchte Schlaffammern, Krankheiten der Kindheit aus den Ntafen.“ Lichtenberg behielt troß jolhem und ähnliden Unfinn redt und fortan wandte jeder ernjte Mann der „zweifelhaften" Wifjenjchaft den Rüden. LavaterS Uebertreibungen forderten den grimmigften Spott heraus — und der Spott fiegte. Mit einem Schlage verlor die Phyjiognomif alle Sympathien, die fich weniger ftarf Gall zuwandten, als diefer mit dem vollen Rüftzeug der Wifjenfchaft gewappnet, auf den Plan trat. Mag aud) die moderne WiffenIhaft Gall als den eigentlichen Gründer der anthropologifchen Forhung — hinjtellen, fie erfennt ihn noch) lange nicht an, — die eriten Anregungen für exakte Forfhungen lieferte zmeifellos Zavater, durd) den Gall erjt zu feinen Schädelunterfuhungen fam. Gall erwarb ji) damit große Verdienfte um die Medizin, die ihm nicht bloß Die geeignetfte Methode, das Hirn zu zergliedern, dankt, Jondern aud) die Lehre, daß die einzelnen Hirnteile bejondere eigenartige Funktionen bejigen. Unbefümmert um das Urteil feiner Zeitgenojjen trennte er jeine Entdekung von der Phyjiognomif, die ihm Ginfeitigfeit vorwarfen, denn „es ijt diejes, alS wenn man den Bau des Himmels trennen wollte von der Bewegung und dem Umlaufe der Sterne”, jagt Prof. Grohmann in feinen „Unterfuhungen“. Galls Lehre it, wie jchon betont wurde, heute auf dem beiten Wege wiljenIhaftliche Anerkennung zu finden, und das überhebt uns, Die maßloje Arroganz des Budapejter Brofejjors Aurel v. Turdk zu fennzeichnen, der in den „Srundzügen einer jyjtematiichen Kranio= metrie“ jagt: „Fzürmwahr, fein wiljenjchaftlicd” denfender Naturforfcher Fann ohne gemilje Beijhämung auf die Yavaterihe Phyfiognomif und auf die Gallide Phrenologie zurücdbliden.“

Im Anflug an Lavater hat Beter Camper die phyjiognomifche Forjchung etwas bereichert, Ddejjen feine üjthetijche Bildung und Fünftleriihe Begabung jelbjt Goethe in hohem

*) Lichtenberg: Ueber Phyjiognomif. Seite 73.