Marxismus und Darwinismus
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Die Geſeße der Vererbung, die Darwin einfa als Grundlage hatte annehmen müſſen, wurden immer beſſer unterſucht. Ueber die einzelnen Faktoren der Entwi>klung und des Kampfes ums Daſein wurde heiß geſtritten; während einige die Aufmerkſamkeit auf die Aenderungen lenkten, die eine Folge der Uebung und Anpaſſung während des Lebens waren (alſo das Prinzip vou Lamar), wurden ſolche Aenderungen von anderen Forſchern, wie Weißmann, entſchieden geleugnet. Während Darwin immer nur äußerſt langſame, allmähliche Aenderungen angenommen hatte, fand De Vries Fälle von plößlih ſprungweiſe auſtretenden neuen Arten. Während im Grunde dadurch das Gebäude der Abſtammungslehre immer feſter und beſſer ausgebaut wurde, machten dieſe unaufhörlichen Verbeſſerungen an den einzelnen Teilen oft den Eindru>, als ließen die neueren Forſhungen von dem ſtolzen Darwinſchen Bau kein Stück ganz. Dadurch war es möglich, daß die wachſende Reaktion hier ſcheinbar auf ihre Rechnung kam; jeder Fortſchritt, der die Sache in einem neuen Lichte erſcheinen ließ, wurde ſoſort als ein „Bankrott des Darwinismus“ auspoſaunt und reaktionär ausgeſchlachtet. Zugleich wirkt die geſellſchaftlihe Auffaſſung auf die Wiſſenſchaft zurü>. Reaktionäre Gelehrte führen zur Erklärung der Lebenserſcheinungen geheimnisvolle geiſtige Prinzipien ein und ſie behaupten, daß man ohne eine nicht weiter erflärbare innere Zielſtrebigkeit, die den Lebeweſen innewohnt, nit auskomme. Hierin zeigt ſich das Bedürfnis, das Uebernatürliche, Unerklärlihe, womit der Darwinismus aufgeräumt hatte, hinterrü>s wieder einzuführen — ein Ausfluß der zunehmenden Reaktion unter der Klaſſe, die im Anfange der Bannerträger des Darwinismus geweſen war.