Marxismus und Darwinismus
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meinen Charakter im Bau des Körpers. Nach untergeordneteren Merkmalen unterſcheiden ſich die Huſtiere, die Raubtiere, die Affen voneinander, die jede eine Ordnung bilden. Die Bären, Hunde und Kaen, die alle Raubtiere find, haben dabei viel mehr Gemeinſames im Körperbau, als ſie mit den Pferden oder den Affen haben. Noch viel genauer iſt die Uebereinſtimmung zwiſchen den einzelnen Arten derſelben Gattung: Kaße, Tiger und Löwe ſind einander in vielen Einzelheiten ähnlich, worin fie von den Hunden und Bären verſchieden ſind. Geht man nun von den Säugetieren zu anderen Klaſſen, wie zu den Vögeln oder den Fiſchen, ſo begegnet man ſchon viel größeren Unterſchieden, als innerhalb einer einzelnen Klaſſe. Dennoch bleibt ein gemeinſamer Grundplan im Körperbau, das Knochengerüſt und die Rückenlage des Nervenſyſtems, beſtehen. Dieſer verſchwindet erſt, wenn man von dieſer Hauptabteilung, die alle Wirbeltiere umfaßt, zu den Weichtieren, den Gliedertieren, oder den Polypentieren geht.
So läßt ſi< die ganze Tierwelt gleichſam in Schubläden und Fächern einteilen und ordnen. Es iſ keine Willkür, ſondern Ordnung vorhanden. Wäre jede Tierart völlig unabhängig von allen anderen erſchaffen worden, ſo wäre dafür kein Grund vorhanden. Dann wäre niht einzuſehen, we8halb es auh feine Säugetiere mit z. B. ſe<s Pfoten gebe. Man müßte dann annehmen, daß der Schöpfer bei der Schöpfung ſi<h zuvor das geordnete Linnéſche Syſtem in ſeinem Geiſte als Muſter, als Vorlage genommen hätte. Aber eine andere Erklärungsweiſe bot ſi< nun au<h dar. Die Verwandt=ſchaft des Baues bei den Tieren könnte auh einer wirkli<hen Familienverwandtſ<haft entſpringen. Nach dieſer Auffaſſung iſt die größere oder geringere Uebereinſtimmung in Eigenſchaften ein Zeichen dex engeren oder weiter abliegenden Familienverwandtſchaft, ähnlich wie Geſchwiſter einander mehr gleichen als weitere Verwandte. Die Tierarten ſind dann nicht einzeln erſchaffen worden, ſondern ſie ſtammen voneinander ab. Sie bilden einen Stammbaum, der, mit einfa gebauten Urtieren anfangend, ſih immer weiter veräſtelt, und deren kleinſten lezten Zweige die beſtehenden Arten darſtellen. Alle Katenarten ſtammen von einer Uxkaße, die neben einem Urhund und Urbär von einem urſprünglichen erſten Raubtiertypus abſtammte. Das Urraubtier, das Urhuftier, der Uraffe ſind alle in noh älterer Zeit aus einem primitiven Urſäugetier entſtanden, und ſo immer weiter zurü>.
Dieſe Abſtammungslehre wurde in der erſten Hälfte des 19. Jahr= hunderts namentlih von Lamar> und von Geoffroy St. Hilaire verfochten. Aber ſie fand keine allgemeine Zuſtimmung. Sie blieb ein geiſtvoller Gedanke, aber niht mehr. Jhre tatſächliche Richtigkeit konnte von dieſen Ge= lehrten niht bewieſen werden; ſie blieb eine Hypotheſe, eine Annahme. Als dagegen Darwin 1859 mit ſeinem Hauptwerk „Die Entſtehung der Arten“ ans Licht trat, ſ{hlug es wie ein zündender Blitz ein, und eroberte es bald unter der Maſſe der Gelehrten und Gebildeten das Anſehen einer feſt er= wieſenen wiſſenſchaſtlihen Wahrheit. Seitdem iſt die Abſtammungslehre untrennbar mit dem Namen Darwins verbunden. Woran lag das?
Zum Teil lag es daran, daß ſi<h immer mehr Exfahrungsmaterial zur Stütze dieſer Lehre angehäuft hatte. Man hatte Tiere kennen gelernt,