Neueste Weltgeschichte vom Anfange der französischen Revolution bis zum allgemein Frieden

I59 Frankreich 1812

“ Kaum wird die Nachwelt es begreifen können, wie Napoleon ſich habe entſchließen können, mit einer ſo zahlreichen Armee ſich ſoweit zu entfernen, ohne zu bedenken, daß mit dem Rückzuge der Ruſſen, auh alle Lebensmittel für Menſchen und Thiere entzogen ſeyn werden, und ohne zu befürchten, daß die Beſchaf: fenheit des Landes und das Clima, beſonders da die Jahreszeit ſchon ſoweit vorgerückt war, ihm nachtheilig werden fönnte, Allein ſeine Ehrſucht und ſein Ueber: muth ſebten ihn über Alles himweg, uud verſcheuchten jeden weiſern Entſchluß, den eine ruhige Beſonnenheit herbeygeführt haben würde. Jhm waren die Grenzen Carls des Großen viel zu enge. Er fonnte und wollte keinen Monarchen neben ſich dulden, der nicht durch ihn gedemüthiget wäre, und ſcin unermeßliches Reich ſollte bis úber die Dúna und den Dunieper hinaus erweitert werdcn. Schon ſahe er, dem das Glück bis dahin nie den Rúken zugekehrt hatte, im Geiſt, Alexander zu ſeinen Füßen um Frieden flehen, und wähnte ſich Dictator von ganz Europa zu ſeyn. Aber wie ſo ganz anders war es im unbegreiflihen Buche des Schiſals geſchrieben, Alle Elemente vereinigten ſich ſeinen Untergang zu vollenden. Seine ſieggewohnten Krieger warfen bey Tauſenden ihre Waffen hinweg und flehten um Gnade, während noh weit mehx Tauſende, durch Kälte und Hunger, ein unvermeidlicher Raub des Todes wurden. Der Held des Jahrhundertes ergrif eine ſhimpflihe Flucht, und konnte ſich nur mit Múhe retten, ohue ſih weiter um ſeine unglückliche Armee zu bekümmern, Wahrlich, eine Niederlage, die der des Darii weit übertraf, und zu der es in der Geſchichte aller Zeiten an einem Beyſpiele mangelt.

Zwar wußte Napoleons Genie, der nur die Trúmmer ſeiner Armee gerettet hatte, im Anfange des Jahres 1813 eine neue Armee zu ſchaffen, die bey a

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