Neunundsechszig Jahre am Preussischen Hofe : aus den Erinnerungen der Oberhofmeisterin Sophie Marie Gräfin von Voss : mit einem Porträt in Stahlstich und einer Stammtafel

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jeht oft und iſ mix angenehm. J<h habe immer gar zu viele Beſuche, Anfragen und Menſchen allex Art fxüh und ſpät bei mir. 9. April. Man hofft täglih und ſtündlich vergebens auf die Nach= rit, daß der König in Paris eingerü>t ſei! Gott wolle ihn beſhüßen und erhalten, und mix geben, daß i<h ihn nux no< einmal wiederſehe, dann wäre ih glü>lih! 10. April. Heute beim Erwachen erhielt ih die herrliche Nachricht,

daß der König und der Kaiſer Beide wirkli<h in Paris.

ſind! — Dex Senat iſt ihnen entgegen gegangen, man hat in allen Straßen „à bas Bonaparte!“ und „Vivent les Allié!“s geſchrieen; der Graf Schwerin kam als Siegesbote durch's Brandenburger Thor hereingeritten mit der Nationalgarde und einer Maſſe Poſtillonen hinter ſi<, und wurde mit Acclamationen und endloſem Jubel empfangen. Ex kam auch zu mix, um mix einen Brief des geliebten Königs zu bringen, der mich nie vergißt. Wix waren Alle ganz außer uns vor Freude, Wonne und Entzücken; die lieben Prin= zeſſinnen kamen zu mix herunter, Alles fiel ſi<h um den Hals und weinte vor Freude! Abends war große Oper und große Jllumination und meine Stuben wurden keinen Augenbli> leer den ganzen Tag und Abend hindurch.

11. April. Geſtern wax noch ein großer Ball, den i<h aber durhaus nicht billigte. Man iſt fo glückli<h, daß man nicht weiß, wie man genug Gott danken foll, und mix verdoppelte ein kleiner Brief des theuxen Königs meine Freude! —