Orpheus : altgriechische Mysteriengesänge

naden, den heilig-rasenden Weibern zerrissen, weil er'nach dem Verlust der Eurydike alle Weiber hakte, oder aber, weil er sich der Feier der Orgien widersetzte. Solches geschah übrigens beim Vordringen des Dionysoskultes in Griechenland manchem, der die neue Richtung nicht mitmachen wollte. Die Musen sammelten seine Teile und begruben sie auf den sogenannten Leibethria, einer Gegend in der Nähe des Pangaiongebirges. Im übrigen muß die Verschmelzung mit dem Dionysoskult schon ziemlich früh vollzogen sein.»Orphisch«und»Bakchisch« sind bei allen Schriftstellern des früheren und des späteren Altertums übereinstimmende Begriffe; den Orpheus nannte man den »Begründer dionysischer Weihen«. Ob er ein thrakischer, ob er ein hellenischer Gott ursprünglich gewesen ist den Sekten,dieinseinem NamenihreFeiern abhielten, erschien er als mythischer Stifter ihres eigenen Weihedienstes. In den Hymnen wird er selbst als Verfasser derselben dargestellt, wenn an mehreren Stellen von der»MutterKalliope«dieRede ist, die des Orpheus eigene Mutter war.

Daßdieorphischen Gedichte nicht von Orpheus selbst herrührten, war dem Altertum ebenso bekannt, wie uns. Unter den angeblichen Verfassern nannte man vor allem den Onomakritos, den»Hofastrologen« des Peisistratos; dann Namen wie Brotinos vonKroton,Kerkops, Zopyros vonHeraklea,Orpheus von Kroton, Orpheus von Kamarina, Timokles von Syrakus, also auch ziemlich vieleVertreterdesitalischen Griechentumes. Unterdiesen sind,was wichtiger ist, einigeauchalsPythagoreer bekannt. Gemeinsam waren beiden Richtungen die Vorstellungen von der Seelenwanderung und der Notwendigkeit der Reinigung von irdischer Befleckung. Diese letztere erweiterte auch die Grenzen der praktischen Betätigung der orphischen Priester über das rein Kultische hinaus, sie wirkten auch als Ärzte undReinigungspriester. Darüber hinaus sublimiertesich

XII