Poimandres : Studien zur griechisch-ägyptischen und frühchristlichen Literatur

114 IIf. Grundvorstellungen des Poimandres.

das paßt für die heidnische Darstellung, die wir ja sicher als Vorbild annehmen müssen; in ihr wird der Gott, der als Hirt dargestellt war (vgl. 8.31), sein Volk der eiuopuevn entrückt haben.

Den Glauben an einen siebenfachen Ursprung des Menschengeschlechtes kann ich mit meiner geringen Kenntnis astrologischer Literatur nicht weiter verfolgen. Seine Einwirkung ließe sich vielleicht schon in einer allerdings nicht mehr verstandenen Angabe des vorchristlichen Buches der Jubiläen wiederfinden, nach welcher Adam vierzehn Kinder gehabt hat. Ja es scheint mir bei der eigentümlichen Beharrungskraft astrologisch-abergläubischer Ansehauungen nicht unmöglich, daß von hier irgend eine Entwicklungsreihe bis herüber zu unserem Kinderliedehen von den sieben Söhnen Adams führt. —

So unklar die Einzelheiten hier bleiben, auf die mir im Grunde wenig ankommt, so sicher scheint mir erwiesen, daß auch der nichtägyptische Teil der Poimandreslehre eine Einheit bildet, und damit zugleich dargelegt, wie das älteste gnostische System, das wir kennen, entstand. Seine Grundlage bildete zunächst eine Volksreligion, oder genauer, die hellenisierte Lehre der Ptahpriester in Memphis. Aber mit ihr verband der Gründer der Gemeinde eine ähnlich hellenisierte, aus einem andern Volk nach Ägypten dringende Lehre, welche in dem Anschluß an die Astrologie und in dem Sehnen weiter Kreise nach Befreiung von ihrem Druck die werbende Kraft besaß. Ohne eine gewisse Inkonsequenz ging es dabei nicht ab, nicht die Spekulation eines Philosophen, sondern die Phantasie des Propheten und das Sehnen der Zeit hat die Lehre gestaltet, und nicht an einzelne Denker, sondern an eine heilsbedürftige Gemeinde, ja im Grunde an die ganze heilsbedürftige Meuschheit wendet sie sich. Ihr Urheber fühlt, obwohl er in der Form an die hellenisierte Öffenbarungsliteratur seines Volkes schließt, dennoch, daß er über die Grenzen seines Volkstums hinausgeht und etwas Neues, Eigenes bietet, So konnte es keiner der bekannten, in jener Literatur schon fest umrissenen Götter sein, den er verkündet und der sich ihm offenbart hat.!)

1) Der Hermes-Priester, welcher die Straßburger Kosmogonie verfaßt hat, sagt bei der ersten Erwähnung seines Gottes (Pap. 481” 2): xeivoc ön veoc Ecriv &udc marpwWioc ‘Epunc. Damit ist die Selbstvorstellung des Poimandres ($ 2 und 6) zu vergleichen: &yı uev, gnclv, eiui 6 Tloudvöpne d TÜc aldevriac voüc und &yı, voOc, 6 cöc Beöc. Predigt und Dichtung sind sich in dieser Zeit