Poimandres : Studien zur griechisch-ägyptischen und frühchristlichen Literatur

124 IV. Poimandres und die ägyptische Offenbarungsliteratur.

mittlung, einen wirklichen Aiyünrıoc Aöyoc benutzt hat, der sehr frühzeitig schon in schriftlichen Lehren des Gottes an den König sein Gegenbild fand.!)

Wie früh diese Literatur sich zu hellenisieren begann, zeigt der Zwillingsbruder des Imhotp (Asklepios) Amenhotep, Sohn des Hapu, der unter König Amenophis III. als Mensch gelebt hat und uns selbst erzählt, wie er mit dem Gottesbuche bekannt wurde und „die Vortrefflichkeit des Thot“ schaute.”) Als Lehrer der Weisheit, als Finder magischer Bücher, wahrscheinlich auch als Verfasser eigener Schriften ward er weiter verehrt, verschmolz allmählich mit dem Gott Imhotp und empfing in der Ptolemäerzeit zu Theben göttlichen Kult. Wir haben hier wirklich einmal einen älteren und Jüngeren Asklepios, wie sie ja bei Pseudo-Apuleius (ce. 37) erscheinen.

Von seinen Sprüchen gibt uns eine griechische Scherbe aus dem dritten Jahrhundert v. Chr., die Wileken in der Festschrift für Ebers 142 ff. veröffentlicht hat, eine Vorstellung. Die drei ersten Sprüche sind einfach den Sprüchen der sieben griechischen Weisen entnommen; was dann folgt, kann z. T. ägyptisch sein.?)

1) Die Lehre oder Erzählung des Priesters an den König bildet mehrfach den Kern ägyptischer Unterhaltungsliteratur. Priesterliche Literatur hat Leon nicht nur angeblich benutzt; er hat sie mit Glück kopiert, vgl. Augustin De civ. dei XII 11: narrationem euiusdam Aegyptü sacerdotis..... quam protulit ex litteris, quae sacrae apud illos haberentur (aus der Hieroglyphenschrift; vgl. den Eingang des Philon von Byblos) und Augustin VIII 12 die Beschwörung: Alexander möge diese Offenbarungen nur seiner Mutter zeigen und dann verbrennen. Ähnliches kommt schon in dem Totenbuch und mehrfach in den Zauberpapyri vor und wird uns sofort in der Isis-Literatur wieder begegnen. Leon stellt an den Anfang der Götterkönige richtig Ptah (Minucius Felix 21, 3). Ich zweifle nicht, daß er wirklich einen iepöc Aöyoc benutzt hat. — Die „euhemeristischen‘ Göttergenealogien und Göttergeschichten gehen in Ägypten friedlich neben den theologischen Systemen her. Wenn ein Grieche freilich aus dem alten „Liede aus dem Hause des Königs Intf“ (mittleres Reich 22001800 v. Chr.) sich übersetzen ließ: „die Götter, die vordem gewesen sind, ruhen in ihren Pyramiden“ (Sethe $. 10), mußte diese altheilige Überlieferung auf ihn einen anderen Eindruck machen.

2) Über ihn vgl. Sethe, Aegyptiaca, Festschrift für G. Ebers 106 ff.

3) Die Entlehnung ist derart auch in der sprachlichen Form augenfällig, daß ich die Überkritik nicht verstehe, mit der Wiedemann (Urquell VII 294.) einwendet, Lebensregeln wie: „verehre die Götter und Eltern“ seien zu allgemein und hätten zu viel Parallelen in der Literatur aller Völker, um etwas zu beweisen. Daß gerade diese Sprüche so früh übertragen wurden, versteht,