Poimandres : Studien zur griechisch-ägyptischen und frühchristlichen Literatur

A. Hermes und Schüler (Asklepios, Amon). 123

Schriften auch des Tat an König Amon setzt das vorletzte Kapitel des Poimandres-Corpus voraus; ein direktes Zeugnis wird uns in der orientalischen Hermes-Literatur noch begegnen.

Aber auch Hermes selbst richtete theologische Schriften an Amon, deren Reste uns ja bei Stobaios bewahrt sind. Eine andere Literatur der Art wird in der Einleitung des Pseudo-Apuleius vorausgesetzt. Ein Rest liest uns in des Hermes 'latpouaßnuatıka Trpöc "Auuwva vor.!) Es wirkt hier ein zweiter in dieser Literatur sehr alter Typus, in welehem dem König der weise Priester und Prophet als Lehrer oder als Erfinder gegenübergestellt wird; ganz ähnlich müssen der König Nechepso und der Priester Petosiris zu einander stehen.?) Wir können diesen zweiten Typus vielleicht bis in vorgriechische Zeit verfolgen. Als Erfinder erscheint Imuthes-Asklepios bei Manetho, und als Erfinder tritt in dem reizenden Geschichtchen in Platons Phaidros Thot vor den weisen König Amon. Bei Hekataios”) läßt Osiris, der König von Theben, sich alle Erfindungen vorlegen und erweist dem Hermes, dessen Erfindungen weitläufig angegeben werden, besondere Ehre. Ganz ähnlich läßt Euhemeros*) Jupiter alle Erfindungen prüfen, und Leon von Pella läßt König Osiris dem Amon, weil er die Hirtenkunst erfunden hat, das Land bei Theben schenken.) So ist es durchaus möglich, daß Platon, etwa durch ionische Ver-

teumauevrer TW Kai Atovbcw, Tlereventeı tw xai Kpöovw, TTerevenveı tW xui ‘Epueci. Die Liste zeigt allerliebst, wie rasch Amon als griechischer Gott empfunden wurde.

1) Camerarius Astrologica Nürnberg 1537; Hermetis Iatromathematica ed. Hoeschel 1597; Ideler, Physiei et medici graeci minores I 387 und 430.

2) Vgl. Fragment 38—41 Rieß; ähnlich sind die angeblichen Briefe des Astrampsychos oder des Manetho an Ptolemaios; weitere Beispiele bieten die Papyri in Fülle.

3) Diodor I 15. 16. Es ist für die Beurteilung der Erzählung nicht unwesentlich, daß Thot im thebanischen Kult Stellvertreter des Königs und Lichtgottes RE (bezw. Amon) ist. Dieser spricht auf der Inschrift im Grabe Seti’s I. zu Thot: „Du sei an meiner Stelle mein Stellvertreter. Wozu hießest du sonst Thot, Stellvertreter des Lichtgottes Rö“ (Brugsch, Religion u. Myth. d. alt. Äg. 451, vgl. Diodor I 17).

4) Fr. XXVIII Nemethy (p. 61).

5) Hygin Astron. II 20 (quo faeilius eius gratia uteretwr et aliquwid primus invenisse diceretur). Anlaß für die wunderliche Erfindung ist vielleicht ein ägyptisches etymologisches Spiel, vgl. Brugsch, Rel. u. Myth. d. alt. Äg. S. 681.