Poimandres : Studien zur griechisch-ägyptischen und frühchristlichen Literatur

166 V. Ausbreitung der Hermetischen Literatur.

Arabische Schriftsteller berichten uns fast seit den Anfängen der Herrschaft des Islam von einer Religionsgemeinschaft in Mesopotamien, besonders um Harran (Karrhae)'), deren Mitglieder weder Mohammedaner noch Christen, weder Juden noch Magier sein wollten, sich aber ebenfalls zum Monotheismus und zu einer Offenbarung bekannten. Syrisch waren ihre religiösen Schriften, aber sie selbst fühlten sich als ”EAAnvec, als Fortsetzer der hellenistischen heidnischen Gemeinden; einzelne Gebete beim Opfer sind noch bis in späte Zeit griechisch (D. 6. 363); griechische Formeln fanden sich an den Tempeln, so ein angeblich dem Platon entnommener Hermetischer Spruch, welcher die yvWcıc und evceßeia identifiziert.) Ihre Propheten, die Stifter der Lehre, sind ’Ayaßöc daiuwv und Hermes, deren „reine Leiber“ in den großen Pyramiden bei Memphis ruhen

Ssabier und der Ssabismus, und zwar besonders der zweite, die Quellen enthaltende Teil. Daß der erste Aufgaben zu lösen versucht, denen der Verfasser in keiner Weise gewachsen war, wird der Philologe ja leicht erkennen und bei den auf den Hellenismus bezüglichen Partien das Lächeln oft kaum unterdrücken können. Aber den Ursprung der Bezeichnung Ssabier und den Hauptpunkt der geschichtlichen Entwicklung hat Chwolsohn doch richtig erkannt, und seine Quellen bieten, mit Vorsicht benutzt, das hinreichende Material. Hinzugenommen sind Dozys und Gogjes (D. G.) Nouveaux documents pour l’etude de la religion des Harraniens (Actes de la sixieme session du Congres international des Orientalistes a Leide, part. Il sect.1 p.281). Einzelne weitere Notizen danke ich der Güte meines Kollegen, Prof. Landauer. Daß ich die klangreichen Namen arabischer Autoren in der Regel unterdrückt und nach Möglichkeit versucht habe, ohne Zitate auszukommen, möge der Leser verzeihen.

1) Karıhae als religiös wichtiger Ort erscheint schon im zweiten Jahrhundert v. Chr. bei dem Autor der Götterverzeichnisse (Michaelis, De origine indieis deorum cognominum p. 85 aus Clemens Rom. V 23 und VI 21); hier liegt ZeAnvn begraben. — Die Bezeichnung Harraniter ist ursprünglicher; natürlich ist sie in späterer Zeit nicht auf ein geographisches Gebiet beschränkt.

2) Charakteristisch ist auch das in unserer ältesten Quelle (En-Nedim Chw. II 34) angeführte Kirchengebet des Oberpriesters: „Er spricht darauf eine Rede, in welcher er für die ganze Gemeinde betet um langes Leben, viele Nachkommen, Macht und Erhabenheit über alle Völker, um Zurückgabe ihres Reiches und der Tage ihrer Herrschaft an sie, um die Zerstörung der Hauptmoschee in Harran, der griechischen Kirche und des Marktes, genannt der Frauenmarkt. Denn an diesen Orten hatten sie ihre Götzenbilder, welche die römischen Kaiser niederrissen, nachdem sie zum Christentum übergetreten waren. (Ferner betet er) um die Wiederherstellung des Kultus der Azüz (2), welcher auf jenen von uns geschilderten Örtlichkeiten ausgeübt wurde.“

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