Poimandres : Studien zur griechisch-ägyptischen und frühchristlichen Literatur

C. Mesöpotamien. Harraniter oder Ssabier. 173

setzung und Weiterbildung der hellenistischen sein muß. Das beweisen zunächst ja die Namen ’Aya$öc daiuwv, Hermes, Tat, Asklepios, Amon.!) Wenn Barhebraeus berichtet, daß die Dialoge des Hermes und Tat ins Syrische übertragen wurden, so erkennen wir unschwer die Abhandlungen des Hermes an seinen Sohn über die Einheit Gottes, die El-Kindi bei den Ssabiern gesehen haben will.) Wenn später ganz allgemein Hermes mit Henoch, ’Ayadöc daiuwv mit Seth, dem Sohne Adams, identifiziert wurde, so ist der Grund sicher nieht, wie Chwolsohn wollte, darin zu suchen, daß die Harraniter aus Vorsicht willkürlich zwei auch im Koran anerkannte Propheten aufgegriffen hätten. Schon seit dem zweiten Jahrhundert v. Chr. ist „Henoch als Besitzer und Lehrer geheimer Weisheit zum Gegenbilde des hellenistischen Hermes geworden. In nachchristlicher Zeit wird er auf den sogenannten „gnostischen“ Gemmen?) mit ’Ayadöc daiuwv in genau derselben Weise wie Hermes vereinigt; seine Bedeutung wächst dann in der ersten jüdischen Mystik; der Koran hat nur einer allgemeinen Überzeugung nachgegeben. Für Seth genügt es vorläufig auf Josephos Antiquitat. I T1 zu verweisen. Wenn endlich "Ayadöc daiuwv und Hermes auch mit Orpheus dem ersten und zweiten identifiziert werden®) und in der alchemistischen Literatur Ägyptens der ’Ara8öc daiuwv einen Kommentar zu orphischen Versen schreibt?), so scheint mir auch dies zu beweisen, daß eine fortlebende hellenistische Tradition in diesen syrischen Gemeinden wirkt.

ist die Spruchliteratur zu beurteilen; doch findet sich in Knusts Bocados de Oro 8.114 ein Spruch des Tat (der janach Kap. XVIL unseres Corpus ebenfalls als Prophet auftritt) an Amon, der durchaus echt erscheint, und ebenda 8. 196 Z. 2 ein Spruch des Hermes an König Amon (— Honein Ibn Ishäk, übers. von Löwenthal 144), der sich auch bei Stobaios wiederfindet. Christliche, jüdische oder mohammedanische Überarbeitungen werden natürlich nicht fehlen; lassen doch jüngere Quellen über den Kult der Ssabier Hermes-Idris sogar den heiligen Krieg gegen die Ungläubigen verkünden.

1) Chw. I 787A. Interessant ist, daß Asklepios, obwohl Lehrer aller Philosophie und im nächsten Verhältnis zu Hermes, doch nicht zu dessen Sohne wird. Die alten Formen scheinen gewahrt.

2) Chw. II 13/14. 3) Drexler, Mythologische Beiträge S. 65A.

4) Chw. II 624.

5) Berthelot p. 268. Ganz ähnlich ist es, wenn unter den Religionsgründern der Ssabier auch Ifinän (= "lwv, zugleich allgemeine Bezeichnung für den Griechen) erscheint (Chw. I 796, vgl. 205). Der Patriarch Eutychios (Chw. II 507) machte ihn zum Sohn des ’Ayadöc daluwy und versetzte ihn unter