Poimandres : Studien zur griechisch-ägyptischen und frühchristlichen Literatur

46 II. Analyse des Poimandres.

Gott, oder vielmehr, wenn er Gott ist. Nur so ist auch der Eingang zu verstehen: was in dem Menschen hört und sieht, ist der Aöyoc Beoü; er ist untrennbar mit dem Gott selbst, dem voüc, verbunden; ihre Vereinigung ist das Leben, und die ganze Welt ist belebt. Hinzu tritt als dritte Persönlichkeit der Triade die BouAn Beoü, die nur deshalb zugleich pücıc und yevecıc sein kann, weil Gott eben selbst die Welt ist.

Die Erwähnung des Gottes Aöyoc hat die Einlage eines Stückes einer heidnischen Logos-Lehre veranlaßt, welche aus einem ganz pantheistischen Empfinden stammt. Dagegen steht in dem Hauptteil die Materie als aus der Finsternis stammend im Gegensatz zu Gott. Dieselben Gegensätze einer pantheistischen und einer dualistischen Weltanschauung, und zwar einer dualistischen Weltanschauung nach Art der persischen, finden wir in den gnostischen Systemen wie in den weiteren Hermetischen Schriften.t) —

In seinem Hauptbericht fährt der Prophet fort ($ 9): der mannweibliche Noüc gebar weiter aus sich den dnwoupyöc Noüc, den Gott der Luft und des Feuers, die sich ja aus der @ucıc bereits ausgesondert hatten. Dieser Demiurg erschafft die sieben Sphärengeister, welche mit ihren Himmelskreisen die Erde (und das Wasser) umgeben; ihre gemeinsame Wirksamkeit ist die eiuapuevn. Ganz ähnlich schafft Hermes in der Straßburger Kosmogonie zunächst die sieben Planetensphären und die in ihnen wirkenden sieben Geister. Sowie nun die oberen beiden Elemente beseelt sind, springt aus den unteren beiden der Logos in sie zurück und vereinigt sich mit dem dnwoupyöc Noüc, dem er als Sohn des höchsten Noüc ja wesensgleich ist. Erde und Wasser bleiben zunächst ohne Gott, die reine Materie. Die beiden miteinander zu einer Person verwachsenen

1) Am schärfsten prägt sich dieser Dualismus im VI. (nach meiner Zählung VII) Kapitel aus, dessen Sprache besonders oft an das Johannes-Eyangelium erinnert. Im direkten Gegensatz dazu steht die hochgestimmte pantheistische Mystik der 'Traktate V (VI) und XI (XII). Vermittlungsversuche bieten X (XI) und IX (X). Aus dem sechsten Kapitel genügt es den einen schon früher besprochenen Satz herauszuheben (p. 51, 13 P.): 6 yäp xöcuoc mAnpwud &crı rc kaklac, 6 de Beöc oO dyado0. Aufihn nimmt Kap. IX mit den Worten xwpiov Tap abe (THC Kaklac) ı N, olx 6 Köcuoc, Wc &vioi more £poücı BAacpnuoüvrec Bezug (vgl. oben S. 26 A.). Eine Änderung der Grundlehren hat in der Asklepios- Theologie stattgefunden; eine Polemik gegen das Christentum liegt natürlich nicht vor.

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