Theobald Bacher : ein elsässischer Diplomat im Dienste Frankreichs (1748-1813)

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Revolution. Dazu war er Antiklerikaler. Katholiſch getauft, war er doh früh aus dem Elternhauſe gekommen und hatte die für ſeine Weltanſchauung maßgebenden Eindrücke bei Koch und namentli<h am preußiſchen Hofe, alſo von der Aufklärung empfangen. Gehäſſigkeiten gegen die Kirche entſchlüpfen ihm in ſeinen Briefen nur gelegentlich, wenn er z. B. ein Tedeum nach der Einnahme von Mantua als „poinlillerie“ beſpöttelte;!) gegen ſie war er gleichgültig. Sein Haß und ſeine Verachtung traf den Klerus.

Die Wandlung Bachers vom königstreuen Mann zum Anhänger der Revolution vollzog ſich anſcheinend in der diplomaliſch ſtillen und lebloſen Zeit von 1791 bis 1793 nah und nah. Schon im Dezember 1791 beurteilte ex die Lage im Elſaß ruhiger. Es war zu ſeinen Ohren gekommen, daß man im Elſaß die Nachricht verbreite, Öſterreich ſuche mit 60000 Mann gegen das Elſaß vorzurücken, um dort einen allgemeinen Auſſtand zu entfachen, „de mellre le feu aux poudres et de hâter la levée de bouclier.“ Doch infolge der Verkündigung der Freiheit der Konfeſſionen, glaubte er, würde ſich das Volk zufrieden geben, wenn auch eine ſtarke königliche Partei beſtehe. Er beſchuldigte im weſentlichen die Geiſtlichkeit, daß ſie, threr Güter beraubt, das Volk aufzuwiegeln ſuche. ?) Zwei Jahre ſpäter erſcheint er dann über die Lage völlig beruhigt. Damals ſchrieb er an Deforgues, den Miniſter des Äußern: „J’ai remarqué avec grand plaisir, que l’esprit public se formoit à vue de l'oeil dans toutes les communes du ci-devant Sundgau compris dans le département du Haut-Rhin; comme c'’est mon pays natal, j’ai été à portée d’observer, et ç’a été une grande jouissance pour moi de remarquer les progrès visibles de l’influence révolutionnaire. “3)

Man wird Bacher übrigens niht Unrecht tun, wenn man annimmt, daß den ideellen Motiven, die wir ſoeben namhaſt machten, für ſeine Hinwendung zur Revolution keine entſcheidende Bedeutung zukommt. Sie zeigen uns nur, daß in ſeiner Bruſt keine ſtarken ſittlichen Widerſtände gegen die Neuerung vorhanden waren. Den Ausſchlag hat vermutlich mehr als je Bachers Ehrgeiz und daneben vielleicht noh das Beiſpiel der überlegenen Perſönlichkeit Barthélemys gegeben, der am letten Tage des Jahres 1791 die geſandtſchafſtliche Vertretung Frankreichs in der Schweiz wiederherſtellte.

Man ſcheint in Paris überzeugt geweſen zu ſein, daß, je kriegeriſcher ſich die europäiſche Lage Frankreichs nach und nach geſtaltete, deſto weniger irgend etwas verabſäumt werden durfte, um die Beziehungen zur Schweiz und deren Neutralität zu erhalten. Eine Spannung zwiſchen Eidgenoſſenſchaft

9) Bacher an M. A. 24 thermidor VI.

?) A. S. 4123. Bacher an Belland 7. Dezember 1791.

3) A. S. 440. Kaulef IM, 275.