Zwölf Tage auf Montenegro : Heft 1. Reisebericht

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<en mit gebranntem Weine *) und ſelbſt gezogenen Mandeln aufgenommen, in gemeinſamer Unterhaltung und Geſell \chaft mit aller Muße muſtern fonnten. Das Eigenthümliche dieſes Coſtüms beſteht nur in der- Kopftracht, denn der übrige Anzug iſt gewöhnlih. Ueber den Kopf aber haben die Frauen zunächſt ein Tuch geworfen, welches vorn über dem Mieder zuſammengelegt, mit ſeinen Seitenrändern über die Schultern, mit den hintern Zipfeln aber Über den Rücken weit hinabhängt. Die Farbe des Tuches war bunt, blau und gelb oder weiß und roth, wie ſie der Kattundru>er nur möglichſt ſtechend in großen Muſtern hervorbringen kann. Ueber dieſes Tuch hatten ſie einen ziemli<h ſ{<malkrämpigen, geflochtenen hohen Strohhut geſeßt, der an ſeinem untern Theile mit einem breiten, ringsumlaufenden, in bauſchigen Falten zuſammengelegten Stücke Zeug eingefaßt war. Die Farben dieſer Verzierung waren noch greller wie die. des Tuchs und der gelbe Hut darunter ſhon deshalb faum ſichtbar, wurde noh überdem durch die unförmigen, die Krämpen faſt überragenden Falten bis zur Hälfte verde>t. Aus den Falten ſtiegen auf der linken Seite des Huts mehrere weit überragende Straußfedern empor. Zauberiſch oder beſonders graciós muß ich geſtehen dieſe Tracht nicht gefunden zu haben.

Nach -einem furzen Beſuche der Wohnung des Herrn Prätor Bergner kehrten wir vereint nah Corzola zurü>, um dieſe Stadt ſelbſt noh näher kennen zu lernen, deren Straßen wir in verſchiedenen Gruppen zertheilt durhwanderten.

Nur ein kleiner Theil von Corzola ſchien bewohnt. Große pallaſtähnliche Gebäude, die Spuren ehemaliger Herrlichkeit, ſtanden leer mit offenen Thüren, und hie und da gu>ten Neugierige aus einzelnen Luken oder düſtern Fenſtern derſelben auf uns herab. Unter dem Schuße ſteinerner Treppen waren an einzelnen Orten Feuer angezündet geweſen, wovon die berußten Seitenmauern und einzelne übriggelaſſene Kohlen Kunde gaben. Nur zu deutlich bekundete die Oede die Spuren der furchtbaren Peſt, welche in dieſer Stadt im Jahre 1558 gewüthet hat. Wie todt

+) Eine Art ſehr ſlißen Moſtes von Trauben, die, che ſie gefeltert werden, an der Soune eine Zeit lang verdunſten.