Zwölf Tage auf Montenegro : Heft 1. Reisebericht
24
am reinlichen Vespertiſche, während Sbaicro, ſeine Frau und der behende Luca abwechſelnd erſchienen, bald, um zu ſehen, was ih no< wünſchte, bald, um aus wahrer Herzlichkeit noch Obſt oder ſonſt etwas Anderes aus ihrer Häuslichkeit vorzuſeßen, das ich, obgleich ohne Appetit, doh anzunehmen gezwungen war. Der ungewiſſe Zuſtand, in dem ih noch ſchwebte, verurſachte mir Sorgen und Beklommenheit. Jeden Augenbli>® konnte Herr Hofrath von Tſcheffin, den ich ſeit heute Morgen no mit keinem Auge geſehn, nah Montenegro hinaufgehen, und noch hatte ih niht einmal einen ordentlichen Dolmetſcher gefunden, geſchweige denn einen Mann beſtellt, der mein Gepäke hinaufſchaffen und mich ſelbſt führen ſollte. Denn an der Brauchbarkeit meines Pietro mußte ih, je länger er um mich war, deſlo mehr zweifeln. Eine zweite Prüfung in der illyriſchen Sprache bei meinen Wirthsleuten war eben ſo unbefriedigend ausgefallen als die erſte, und meine eigenen Bemühungen, ihm das Deutſche verſtändlih zu machen, waren fruchtlos. Das Lächeln verging mir, und ih bedauerte ihn, daß ih ihm den gehofften Erwerb nicht würde können zufließen laſſen, wenn er . mit beflagenswerther Ungewandtheit in den abgebrochenſten Tönen mich ſtets mit Er anredete. Vollkommen traute ich ſeiner wiederholten Verſicherung: „glaub Erman, das iſt meine ſchlimmſte Fehler, daß ih niht deutſch kann“, aber nichts deſto weniger überzeugte ih mi, daß in dieſem Falle bei Mangel an illyriſcher Sprachkenntniß alle ſonſtigen guten Eigenſchaften nichts helfen konnten. — Den guten Spalatiner hatte ih nicht mehr wiedergeſehen und der Gedanke, daß Graf Mitrowsky, der bis jezt noch den einzigen Ort darbot, wo ih ſo zu ſagen zu Hauſe war, ſich in wenigen Stunden, in der finſtern Nacht mit meinen frühern Bekannten davon ſchleichen würde, war auh nicht angenehm. So entſchloß ih mich der Ungewißheit , ob Hofrath v. Tſchefkin doh nicht etwa ſchon morgen, oder wann ſonſt nach Montenegro reiſte, mich wenigſtens zu überheben und ihn aufzuſuchen. Allein an Bord des Mitrowsky ſuchte ich vergebens, und in der Stadt halfen meine Erkundigungen auch nichts, denn derſelbe war für den Abend ausgebeten. Die Hite des heutigen Tages trieb mich aus meinem Zim-
merz mehrere Male berührte ih auf einem Spaziergange dieſelben