Битеф

was when the Living Theatre went around the world about 12 years ago. It was very exciting, I thought. So you don’t at all have these perhaps petit-bourgeois longings for harmony and beauty and orderliness? No, all that drives me crazy. It drives me mad. Another difference from other directors. In a Stein production one can always see something like a tradition. I won’t define that more precisely for the moment. In your productions, one can always see another kind of tradition a more plebeian tradition. One sees the influences of the circus, the wrestling tent and musicals, and also ordinary forms of entertainment reoccur in your works in one way or another. The result is, of course, that such productions never achieve a uniform level of art and taste but have a chaotic, anarchical element in them till the end. Does this have any roots in your life history? Certainly, yes. I was born in Germany, then when I was five we emigrated to England and I grew up in England but I was never happy in England, I never felt at home there, never felt like an Englishman, although I lived there for 25 years and am a British national. .. (Benjamin Henrichs in an interview with Peter Zadek , Extract, Theater heute, 7. 7. 1976) t-ш ® Das nachfolgende /g "Й Gespräch wurde einige Wochen vor Ï der »Othello«BjS r 1' Premiere geführt. " Herr Zadek, mir ist aufgefallen, daß von den Arbeiten der bekannten deutschen Regisseure Ihre die meisten Aggressionen auslösen. Die Arbeiten von Peter Stein und Rudolf Noelte zum Beispiel werden eigentlich allgemein bewundert auch von solchen Leuten, die den Regisseuren ideologisch mißtrauen. Die Arbeiten von Klaus Michael Gräber werden zwar nur von wenigen verstanden, aber doch den meisten so als etwas Rätselhaftes und Fernes immerhin respektiert. Bei Ihren Arbeiten dagegen kommt es fast immer zu den allerheftigsten Reaktionen, zu einer sehr heftigen Begeisterung oder einer heftigen Wut. Was hat das für Gründe? Was ärgert die Leute so an Ihnen? Ja ich versuche gerade nachzudenken es gibt also Inszenierungen von mir, bei denen es nicht der Fall war, die fand ich dann auch langweilig. Ich erinnere mich ich hab’ vor etwa zehn Jahren eine Inszenierung gemacht, die ungeheuer gut angekommen ist, überall und auch beim Theatertreffen, das war »Frühlings Erwachen«. Die habe ich

mir jetzt gerade mal wieder angesehen, sie wurde aufgezeichnet und die fanden alle toll außer mir ich fand sie jetzt perfekt und langweilig. Die »Bochumer Möwe « fanden aber fast alle toll! Ja, das hat mich auch unheimlich irritiert. Das hat mich also wirklich verstört. Ja ich weiß nich ich kann das nicht genau beantworten. Vielleicht können wir’s ein bißchen beantworten, wenn ich ein Beispiel dafür sage: Ich erinnere mich an die letzte Hamburger Inszenierung von Ihnen, das war Ibsens » Wildente«, ungefähr vor einem Jahr. Da spielt Ulrich Wildgruber den Hjalmar Ekdal. Wildgruber ist ein Schauspieler, mit dem Sie sehr oft Zusammenarbeiten, mit dem Sie im Moment gerade den » Othello « machen. Schon in der Pause waren einige Leute furchtbar entrüstet, daß der Wildgruber so undeutlich spricht, daß er sich so unvorteihaft bewegt. Offenbar ist er vielen Leuten sehr auf die Nerven gegangen an diesem Abend, weil er bestimmten Vorstellungen, wie ein Schauspieler sich zu verhalten habe, offenbar sehr widerspricht. Wenn Sie sagen können, warum Sie mit einem Schauspieler wie Wildgruber so gerne Zusammenarbeiten, dann ist das vielleicht eine Antwort auf die Frage, was die Leute an Ihren Inszenierungen ärgert. Das weiß ich nicht. Aber ich kann Ihnen auf jeden Fall sagen, warum ich also das ist natürlich sehr kompliziert, warum man mit einem Schauspieler so gern so oft zusammenarbeitet aber ein ganz wesentlicher Grund, daß ich gern mit Wildgruber zusammenarbeite, also mehr als gerne, fast manisch gerne, das ist, daß er die aktivste und lebendigste, die sich am meisten weiterentwickelndste Phantasie hat von irgendeinem Schauspieler, den ich kenne. Er ist bereit, die ausgefallensten Vorschläge, ob sie vom Stück kommen, ob sie von mir kommen oder von einem anderen Schauspieler oder aus Situationen sich ergeben, aufzunehmen, wohl wissend, daß er sie nicht verkörpern kann. Und ich glaube auch, das ist der Irritationspunkt, das heißt: Er macht etwas, was in sich wirklich künstlich ist. Wildgruber hat erkannt, daß alles, was Kunst ist, nur absolut künstlich sein kann, aber da er und das ist das, was ich so aufregend finde andauernd an der scheinbar genauen Realität entlang sich bewegt, also wenn er ein Glas trinkt als Hjalmar Ekdal und dabei schlappert er was ’rüber und er macht dann eine kleine Zuckung mit dem linken Augenlid und dabei sagt er einen unverständlichen Satz, der wahrscheinlich der wichtigste Satz im Stück ist das ist so ein Vorgang, der sehr typisch ist für Wildgruber. So kriegt der Zuschauer mitgeliefert die Information, daß das eigentlich nicht Hjalmar Ekdal ist, sondern das ist Herr Wildgruber, der sich vorstellt, wie das vielleicht sein könnte mit Hjalmar Ekdal. Wir arbeiten gerade an » Othello «. Othello ist der Tradition nach ein gerader, nobler, toller, schöner, gutgewachsener und ein bißchen dummer Neger. Und der Wildgruber ist ein nicht sehr großer, nicht sehr schlanker, kaputter, intellektuell zerfaselter, zerfahrener Spinner. Also wirklich genau das Gegenteil. Nur, da ich meine, ihn recht gut zu kennen, schien’s mir, daß seine Phantasie gerade die Naivität von diesem Neger, diese künstlich erfundene Naivität kapieren und aussprechen könnte, ohne den geringsten