Битеф

Versuch dabei zum machen, einen Neger zu spielen. Mit Wildgruber eine andauernde Improvisation Aber der Vorgang, daß Wildgruber ja eigentlich überall, wo er auftritt, Anstoß erregt, ist so eine Sache. Spricht er schlecht? Finden Sie, daß er schlecht spricht? Merken Sie das, stört Sie das? Arbeiten Sie daran oder interessiert Sie das in der Arbeit mit Wildgruber gar nicht? Ja, das iste eine Frage. Im Zweifels falle, also im Falle, wo ich asuzuwählen habe zwischen einer Formalisierung der Sprache, die dem Rhythmus des Schauspielers nicht entspricht, und einer Unverständlichkeit oder Schludrigkeit an manchen Stellen, optiere ich natürlich für die Schludrigkeit. Das tue ich nicht immer und das tue ich, glaube ich nur, wo die Qualität der Schludrigkeit so groß ist. Ich tue es nicht, wenn das Ihre Frage ist, um irgend jemand zu provozieren. Das heißt, wenn Wildgruber, was er jetzt schon tut, es schafft was ich das allerschwierigste finde seine chaotische Phantasie deutlicher zu formulieren, ohne das Chaotische aufzugeben, ist es noch viel aufregender. Das ist eine Frage der Entwicklung Wildgrubers. Aber ich arbeite erst eine ganz kurze Zeit mit ihm. Ich arbeite erst seit vier Jahren mit ihm. Das ist für eine Zusammenarbeit mit einem Schauspieler wenig. Die Arbeit mit Wildgruber ist für mich wie bei allerbesten Schauspielern eine andauernde Improvisationsarbeit, die sich immer mehr fixiert an einem Punkt. Das heißt: Er arbeitet um eine Idee oder um eine Situation oder um eine andere Figur herum oder um irgend etwas, was ihm vorschwebt in seinem Kopf, was er auch nicht ganz genau weiß und ich auch nicht ganz genau weiß, aber so unagefähr, und dann probiert man es noch mal und dann unterhält man sich und sagt sollte sich der Hjalmar vielleicht in der Szene doch nicht an irgend etwas anderes erinnern, während er all’ das tut? Und dann arbeitet man von da aus und dann merk man, daß das falsch ist. Aber da bleibt trotzdem was hängen. Und langsam kommt das an den Punkt, wo man mehr oder weniger fixiert. Ich sag’ mehr oder weniger, denn eine endgültige Fixierung oder Abgeschlossenheit sozusagen am Kunstwerk daran liegt mir gar nichts, das will ich nicht. Und das will ich weder bei Wildgruber, noch bei irgend jemand anders. Meine Einladung an den Zuschauer: mit suchen Aber das ist doch vielleicht eine Antwort auf meine Anfangsfrage : Was ärgert die Leute an Zadek? Es ist doch eine verbreitete Theatervorstellung, daß eine Aufführung um so besser ist, je näher sie dem Zustand der Vollkommenheit kommt. Unvollkommenheit vor allem, wenn die Zuschauer spüren, es ist eine gewollte Unvollkommenheit hat natürlich etwas Provozierendes. Ja, es hat etwas Verunsicherndes, glaube ich. Macht Ihnen dieser Effekt beim Publikum keinen Spaß? Auch, ja. Als ich zuerst so mit Wirkung gearbeitet habe, also als ich so weit war, daß ich meine Inszenierung ungefähr so machen konnte, wie ich sie mir vorstellte, da hat mir das ganz besonders viel Spaß gemacht, das gebe ich zu der Grad von Verunsicherung beim Zuschauer. Jetzt ist das ein Neben produkt, weil ich mittlerweile mich dann auch gefragt habe, was ich da eigentlich mache. Und ich glaube schon, daß das, was ich mache oder versuche zu machen, was eigentlich

jeder versucht zu machen, der irgendwas mit Kunst zu tun hat das ist: seine eigene Welt drazustellen. Und da meine, die Welt, in der ich lebe oder die ich um mich empfinde, eine wahnsinnig komplizierte und ungelöste Welt ist, probier’ ich eigentlich darzustellen, wie die Probleme ungelöst sind und wie die Welt chaotisch oder beängstigend oder auch komisch oder nur blöd ist, aber ohne irgendwelche Antworten auf die Probleme zu geben, Antworten, die ich selber nicht weiß. Vielleicht kann man es anders formulieren, ich meine, meine Einladung an den Zuschauer ist die, mitzusuchen, whol wissend, daß am Ende des Suchens nur ganz partielle Stückchen gefunden sind. Ich bin sicher, daß für einen großen Teil des Publikums das nicht nur ungewohnt, sondern ganz furchtbar schwierig ist. Das ist richtig. Also wenn mal jemand sagt, komm’ jetzt, geh’n wir doch mal hier spazieren, dann sagen die erst mal: wohin, und da sag’ ich: weiß ich nicht, aber von hier aus sieht’s interessant aus, mal seh’n, und dann geht man da so durch oder fährt man erst in irgend so ein Loch ’rein. Da sage ich: о Entschuldigung, tut mir furchtbar leid, ich wußte nicht, daß da ein Loch ist. Aber ich finde, es ist doch ein Abenteur dabei. Für mich ist das immer wieder ein irrsinniges Abenteur und ich glaube auch für die Schauspieler und ich glaube auch für einen großen Teil Publikum, weil ja, obwohl sie sauer sind, ganz viele Leute ’reingehen, und sich das gefallen lassen. Also das Empfinden für Abenteuer ist doch eigentlich etwas, was nicht mehr sehr viel bedient wird. Und ich meine, das Theater müßte das bedienen. Der Schauspieler, der sich auf so was einläßt, muß sehr sicher in sich sein, ich meine jetzt nicht in seiner Technik oder so etwas, sondern in seiner Identität. Der muß ein ganz gutes Gefühl von seiner Identität und seinem Selbst haben, um sich auf so ein Chaos einzulassen, wo es ihm passieren kann, daß er auf die Probe kommt und er weiß nicht, was ihm an dem Tag passieren wird. Nicht nur welche Szenen probiert werden, das kann er unter Umständen wissen, aber was innerhalb dieser Szenen passieren wird, weil der andere Schauspieler, der ihm gegenüber steht, genau so frei ist wie er, so frei, sich zu entwickeln. Ich kann mir vorstellen, daß sich die Art von Theater, die ich im Moment mache, eher dahin entwickelt, daß die Offenheit des Ereignisses auch auf der Bühne jeden Abend noch freier, noch unkontrollierbarer, noch unerwarteter sein wird. Das weiß ich nicht, das würde ich hoffen. Das hieße auch eine Aufführung, in die man immer wieder hineingehen könnte? Ja, sie wird jedesmal anders. Das wünsche ich mir eigentlich. Es ist jetzt schon so, daß die Aufführungen, die ich mache, die ich in den letzten paar Jahren gemacht habe, » Lear «, »Wildente« und jetzt auch » Othello«, die tendieren schon dahin, daß sie ungeheure Variationen haben. Die Variationen sind aber im Moment noch Variationen sagen wir im Empfinden oder in den Gedanken der Schauspieler, in der inneren Offenheit der Schauspieler, nicht so sehr Variationen des äußerlichen Vorgangs. Das ist es, was mich primär interessiert der Freiraum, den der Schauspieler hat, wenn er Theater spielt, das ist meine Hauptbeschäftigung. Und das ist es, was die Irritation bringt, weil auch der Schauspieler