Albanien und die Albanesen : Landschafts- und Charakterbilder : mit vielen Abbildungen

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Die ganze Beſazung des Wachtturmes von Ljuma beſtand aus einem alten türfiſhen Tſchauſh (Feldwebel), der uns freundlichſt begrüßte und ſih angelegentlihſt nah dem Ziel unſerer Reiſe erkundigte, nahdem er erfahren hatte, wir kämen von Skutari. Dienſtbefliſſen wollte er uns eine Begleitung zur Verfügung ſtellen, denn das Gebiet der Ljuma ſei „zur Zeit ſehr unſicher“, aber der zweite zur Station von Ljuma gehörige Gendarm war in Begleitung eines Mohammedaners nah Djakova geritten. So holte er denn den vielleicht fünfzehnjährigen Sohn ſeines Waffengenoſſen aus einer benahbarten Hiitte herbei und gab dem Jungen den Auftrag, uns zu begleiten. Dem Jungen aber paßte das umſo weniger, als er kein Pferd zur Verfügung hatte und es ihm außerordentlich läſtig zu ſein ſchien, bei ſol< ſtrömendem Regen neben uns herzulaufen. Der alte Tſchauſh aber machte kurzen Prozeß: aus der Kula holte er den Uniform= maniel des Vaters, hing denſelben dem Sohne über die Schultern, drückte ihm einen Mauſerkarabiner in die Hand und erklärte nun kategoriſh: „Wenn du dih niht augenblidlih trollſt, wirſt du ein paar Ohrfeigen von mir erhalten; gehſt du aber mit den Fremden, ſo werden dir dieſe ein Bakſchiſh geben.“ Die Ausſicht auf ein Bakſchiſch ſchien denn au<h zu wirken; der Junge wurde gefügig und ſchritt wa>er neben uns aus. Aber daß ihm der Tſchauſh mit Schlägen gedroht hatte, das hatte ſein Blut derart in Wallung gebracht, daß er dem Pater Michael feierli<h zuſ<hwor, wenn er zurückehre, werde er den alten Kommandanten von Ljuma erſchießen. Bis jetzt habe ihn nur die Achtung vor den fremden Gäſten zurücgehalten, dem Beleidiger gleih eine Kugel zu geben. Der junge Burſche ſah wirkli< ſo aus, als ſei es ihm mit dieſer Drohung ernſt; doh iſ zu hoffen, das reiche Bakſchiſh, das er von uns erhielt, habe ſein erzürntes Geinüt ſpäter wieder beruhigt. — — —