Allgemeine Grammatik der türkisch-tatarischen Sprache : aus dem Russischen übersetzt und mit einem Anhange und Schriftproben
26 Erster Theil. Viertes Capitel.
fest dass man zugleich dienen und nahe sein muss, damit der Erhebung in die Nähe kein Eintrag geschehe. An dem Tage nun, wo der Fürst dir seine Huld zuwendet, an dem Tage sei nicht stolz und halte dich nicht für sicher, denn wer fett macht, der kann auch mager machen. Wenn du nun in des Fürsten Gegenwart vornehm und geachtet sein wirst, so sei nicht sorglos und überschreite nicht die Gränze, damit seine wohlwollende Aufmerksamkeit gegen dich zunehme. Bemühe dieh in dieses Fürsten Gegenwart über Niemand anders als Gutes zu sprechen und erzürne den Fürsten nicht, damit sein Zorn nicht eines Tages auf dich falle.
Mann erzählt dass in Gang’e ein Emir war, Namens Fazlun, in dessen Dienste ein Vornehmer, Namens Deilam, stand, mit dem er sich meist berieht und gegen dessen Rath er nichts that. Dieser aber war nicht von gutem sondern von sehlechtem Charakter, so dass, wenn jemand ein Verbrechen begangen hatte und der Fürst ihn ins Gefängniss werfen liess, Deilam kam und folgenden Rath gab: ‚‚O Fürst, quäle nicht für jede Rleinigkeit, wenn du einmal strafen willst, so tödte.‘“ So wurden nach diesem Rathe viele Gläubige ungerechter Weise getödtet. Da geschahe es nach der Bestimmung dass auch Deilam sich ein kleines Vergehen zu Schulden kommen liess, weshalb ihn Fazlun ins Gefängniss warf. Deilam liess dem Könige sagen: Ich will mein ganzes Vermögen geben, nur tödte mich nicht. Fazlun antwortete: Ich habe die Gewohnheit der Strafe von dir selbst gelernt [als du sagtest]: ‚‚wegen eines leichten Vergehens quäle nicht, wenn du strafen willst, so tödte.‘‘ Jetzt werde ich ihn nach seinem Rathe tödten. Nach dieser Antwort tödtete er ihn. Deilam hat selbst verschuldet, dass er für seinen schlechten Rath seinen Kopf geben musste. F
Hüte dieh, mein Sohn, auf deinen Reichthum stolz zu sein. Jede Zunahme hat ihre Abnahme. Bemühe dich in des Königs Dienste Achtung und Reichthum durch Rechtschaffenheit zu erwerben, denn die Vermehrung des Reiehthums ist eine Folge der Achtung; d. h. wenn du durch treuen Dienst Achtung erlangt hast, so wird auch dein Reichthum sich mehren, aber du musst die Ehre des Dienstes des Königs als besser erkennen denn als Reichthum. Was du ausserdem im Dienste des Rönigs an Geld und Gut erlangen magst, zeige dich immer arm, um vor des Königs Habgier sicher zu sein. Ein Beweis ist: So lange das Schaf nicht fett ist, kommt es dem Schlächter nicht in den Sinn und er sieht es mit keinem Blicke an. Und ferner: Verlasse nicht den Dienst deines Herrn dem du dienst, um etwas mehr zu erlangen; d. h. sage nicht: „dieser König kennt mein Verdienst nicht, er macht mir kein reiches Geschenk, wenn ich zu diesem oder jenem Könige gehe, so werde ich,