Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 1.

Roman von Adolph Stre>fuß. 97

Egon in der Reiſetaſche fand. Er ſcheute ſich, fie nux anzugreifen, und au< die reine Wäſche flößte ihm jeßt eben ſolchen Abſcheu ein, wie der Anzug, den er trug und tragen mußte, bis er eine andere Kleidung ſich beſchaffen fonnte. Aber wann konnte er dies thun? Sollte er das Geld angreifen, welches er in der Brieftaſche bei ſi{ irug? Er hatte ſich vorgenommen, es niht zu berühren ! ES var ja gerade der Hauptinhalt ſeines abenteuerlichen Planes geweſen, daß er eine Zeit lang als armer Kandidat leben wollte, ohne irgend andere Hilfsmittel, als das ihm zuſtehende Gehalt. Es ſcien ihm intereſſant, einmal zu probiren, wie es einem armen Menſchen zu Muthe iſt, ſi einſchränken zu müſſen, nicht jeden Wunſch ſich erfüllen zu können. Sollte er jeßt bei dem erſten Anlaß, der ſich ihm bot, dieſem Plane untreu werden ? Nein, ſo unan= genehm es ſein mote, er hatte es ſich einmal vorgenom= men, ganz als Gottlieb Pehmayer alle Leiden und Freuden eines armen Kandidaten dur<zukoſten, und dieſen Plan mußte er dur<führen. — Was würde Gottlieb Pechmayer an ſeiner Stelle gethan haben? Dieſe Frage war ſ{<wer zu beantworten. Schwerlich hätte er ein tiefes Gefühl für die Demüthigung gehabt, die für ihn aus den Worten der reizenden fleinen Elfe hervorging; ihm wäre auh ſein gewohnter Anzug niht abſcheulich erſchienen, er fonnte gar niht das Bedürfniß fühlen, ihn gegen einen anderen umzutauſchen. Cgon fann vergebli<h na, wie ex ohne ſeine Brieftaſche zu öffnen ſich doch eine menſ{<li<he Klei= dung verſchaffen könne, er ging mißmuthig auf und nieder, Bibliothek. Jahrg. 1884. Bd. IT. 7