Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 1.

110 Auf der Hochzeitsreiſe.

ſteigen, deſſen Geſtalt ihm bekannt erſchien. Er blieb einen Augenbli> ſtehen; aber nun wandte der Andere ſi< _um, ſo daß man ihm voll in das Antliß ſchauen konnte.

„Deckern!“

Der Gerufene ſtubte; dann flog es wie Sonnenſchein über ſein narbiges braunes Geſicht, er breitete beide Arme aus und eilte dem Freunde entgegen, ihn feſt und herz= lich an ſeine breite Bruſt ziehend.

„Plettow, mein lieber Plettow, mein treuer alter Kamerad — Du biſt es wirkli? Zehn Jahre hindur< habe i< mi< na< Dir geſehnt, nun finde i< Dich auf offenem Meere wieder, komm’ no< einmal an mein Herz, Du liebex Kexl, Du Retter meines Lebens! So — nuit laß! Dich betrachten, ih muß ſehen, ob Du no< dex Alte biſt! Nicht ganz, wenn auh in der hübſchen Larve die Züge unverändert! Der blonde Schnurrbart iſ um mindeſtens ſechs Millimeter gewachſen, und in den blauen Augen — diayolo, Egon, i<h möchte faſt behaupten, in den blauen Augen läge niht mehr dex alte Frohſinn, der uns die Strapazen von Saint Privat und Le Bourget ſo leicht ertragen ließ! FJſt das Einbildung oder . ..“

Plettow lächelte faſt trübe. „Man wird nicht jünger, Alfred ,“ fiel er dem Sprechenden in's Wort. „Als wir anno ſiebzig gegen die Rothhoſen zu Felde zogen, war ih faum in den Zwanzigern; das iſt ein Alter, in dent man mit Leichtigkeit über alle Unebenheiten des Lebens hinwegvoltigirt. Mit der Zeit aber ſchleichen ſi< ernſtere Gedanken ein, man läßt ſi<h das Traurige und Böſe des Lebens mehr zu Herzen gehen .… . ah, bah“ — ex {lug