Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 1.

Novelle von Fedor v. Zobeltiß. 119

der Bli des Barons vergleichend zu Erna herüber. Wax es möglich, taß Plettow dieſes frohmüthige, reizende Kind zum Altar geführt hatte, ohne ihr ſein ganzes Herz entz gegen zu bringen? Detern fonnte niht glauben, daß Egon, deſſen dur< und dur< braven Charakter er ſ<häßen gelernt hatte, einer ſolchen Gewiſſenlofigkeit fähig geiveſen. Und wenn wirkli<h — Erna ſelbſt hatte ſicher feine Ahnung, daß ſie nur die Lebensgefährtin ihres Mannes getvorden, ohne ſein geliebtes Weib zu ſein, denn daß Erna voll in ihm aufging, bewies ihr leu<htendes Auge und ihr ſonniges, glüdſtrahlendes Geſicht zur Genüge.

Detern konnte ſich niht ſatt ſehen an dieſem Geſicht= hen. E war niht ſ{<hön nah ſtreng äſthetiſchen Be= griffen, aber es war unendlich ſympathiſ<h. Wie das Köpfchen einer zierlichen Nippesfigux, ſo ſchaute das lieb= liche Profil aus der Umhüllung des Shawls hervor. Die aſhblonden Haare fräuſelten ſich über dex Stirne, die viel u niedrig war, um edel genannt werden zu können; fe> ſeßte die fleine Naſe ſi<h an, und um den vollrothen, ein wenig {malen Mund zu>te beſtändig der Schalk, der auh

aus den Grübchen der Wangen hervorlugte.

Erna erzählte, während Plettow ſchweigend neben ihr ſaß und nux hin und wieder ein Wort in die Unterhal= tung einſtreute, von ihrem mehrwöchentlifen Aufenthalte in Sicilien und von ihren weiteren Neiſeplänen. Sie plauderte allerliebſt, mit Grazie und Humor und mit einer Lebendigkeit, die bei jeder Anderen hätte nervös wirken müſſen, aber bei ihr überaus natürlich erſchien. Mitten in einer Schilderung des Geſellſchaftslebens im Grand