Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 1.

Novelle von Fedor v. Zobeltiz. 125

farbene Winden fich ſchaukelten, daß man dur< dieſe lebendigen He>en faum hindur<{ſc<hauen fonnte. Nux in der hinteren Wand war eine runde Oeffnung freigelaſſen worden; glei einem Medaillonbilde [<loß ſie in ihrem Rahmen die Landſchaft ſüdwärts Meta bis au den fernen Bergen, deren Spißen die Wolken umſchleierten, ein.

Die Padrona, ein blafſes großes Weib mit dunklen Augen und ſ{<warzen, tiefgefnoteten Haaren, die ein ſilberner Bſeil zuſammenhielt, brachte auf das Geheiß Deckern’s eine forbumflochtene Flaſche Falerno und ſeßte einige Gläſer auf den wurmftichigen Ziſch in der Laube. Egon ſchenkte ein, aber plößlih ſtodte feine Hand, Bläſſe lief über feine Züge, feine Geſtalt zitterte.

„Um Gott, Egon,“ rief Erna erſchre>t und umſhlang ihren Gatten mit beiden Armen, „was iſt Dir? Biſt Du frank, Egon? Auch mich pate vorhin ein eigenes Grauen — das ift das Fieber Campanien3 — ſicher ficher —“

Plettow drüte ſein kleines Weib an fi, als ſuche er eine Stüße an ihr. Ein mattes Lächeln zu>te um feinen Mund; er küßte die Stirnlocken feincx Frau und ſagte in leiſem Ton :

„Es geht vorüber, beruhige Dich, Herzchen. Das alte Nervenleiden, das i< mix im Feldzuge geholt, bricht immer no< hin und ieder durh. J< werde in Sorrent und Capri Seebäder nehmen.“

Deckern ſchüttelte den Kopf. Dex Freund erfüllte ihn mit Beſorgniß. Wo fam das „Nervenleiden“ bei dieſem geſchmeidigen, wie aus Staÿl gebauten Manne auf einmal