Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 1.

Novelle von Fedor v. Zobeltiz. 131

eingeflößt; das raſche, laute Leben der Kameraden, dem auch ich ſeither zugethan geweſen, behagte mir nicht mehx, der gefellſchaftliche Verkehr mit ſeinen Lügen, Falſchheiten und Uebertzeibungen widerte mi an, furz, ih ſtand auf dem Punkte, ein Anderer zu werden. :

Die kleinen Cirfel im Doning’ſchen Hauſe waren bald die einzigen Geſellſ<haften, die ih no< beſuchte. Dort ſand ih einen Kreis von Menſchen, die mix durchaus zu= ſagten, mit deren Lebensanſchauungen und Anſichten ih mi verſtändigen konnte, dort fand ih niht jenen Zug gleißneriſcher Lüge, der mir typiſch für die ſozialen Zu= ſtände unſerer Zeit geworden ſchien und dex mir um jo widerwärtiger wax, als i<_ fühlte daß er auch mich verdorben hatie. Man fonnte im Doning’ſchen Hauſe franf und offen feine Meinung ſagen, ohne - fürchten zu müſſen, mit ſcheelem Auge betrachtet zu werden, man war da niht abhängig von der Wetterlgune der dur Stellung und Rang Bevorzugten, ih möchte behaupten, es ging ein demofratiſcher Athem durch den Salon der Frau v. Doning, irobdem nur die fonſervativſte Ariſtokratie von Geburt und Geiſt in demſelben verkehrte.

Zu den Gäſten, die niemals einen jour fixe der alten ſringeiſtigen Dame verſäumten, gehörte der Graf Schoddyn. Schoddyn hatte, wie ſelten zuvor ein Anderer, vom erſten Augenbli> meiner Bekanntſchaft mit ihm das lebhafteſte óÍntereſſe in mir wachgerufen. Schoddyn war ein Menſch, über den ſi nur ſchwer ein Urtheil bilden ließ, dex aber unter allen Umſtänden eine originelle Erſcheinung, wie man ſie nux ſelten in unſeren modernen Salons antrifft,