Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 1.

1 Auf der Hohzeit8reiſe.

„daß ich Sie fo plößglich überfalle. Jh muß Sie ſprechen, Sie ſind der Einzige, der mix Auſſchluß geben, mix die Wahrheit ſagen wird.“

Sie zog ihn in die Niſche am Fenſter, gegen das mit ſeiſer Monotonie der Regen ſ{lug.

„Was fehlt Egon, meinem Mann, Jhrem Freunde, De>ern 2“ fuhx Erna fort, und mit jedem Wort ſteigerte fich ihre faſt fieberhafte Erregung; „iſt ex böſe auf mi<? — und weshalb denn? Liebe ih ihn niht wie immer, bin ih eine Andere geworden gegen ihn? Sie kennen Egon, beſter Baron, ſagen Sie mix, was ihm fehlt, aber ſagen Sie mir die volle Wahrheit !“

Deckern wandte ſein Geſicht ab, er vermochte niht ſänger in die thränengefüllten Augen des jungen Weibes zu ſchauen.

„Gnädige Frau,“ entgegnete er zögernd, „i<h glaube, Sie täuſchen ſich über die Stimmung Egon's. Was ſollte ihm ſein — eine vorübergehende geiſtige Jndispoſition nichts weiter! Es ſind ja nicht alle Menſchen gleichmäßig “Herr ihres Willens, und mir ſcheint, es iſt beſſer und offen= Hexziger, ſich zu geben, wie man fühlt und denkt, als fomödiantenhaft ſich hinter einer Masfe zu verſte>ten !“

Erna ſchüttelte unwillig den blonden Kopf.

„Sie ſuchen Ausflüchte, Herr Vv. Detern, wozu das? Achten Sie mich ſo wenig, daß Sie mi<h nicht einmal einer Wahrheit für werth halten ?®

Ein heißes Roth flog über des Diplomaten narbiges Geſicht.

„O, gnädige Frau, wie dürfen Sie ſo etivas ſagen ?