Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 1.

Roman von Adolph Stre>fuß, 67

milden freundlichen Ruhe fand ſie ſtets die richtige Art, jedem Fremden gegenüberzutreten aber es war ſeltſam genug, den Hauslehrer, den ſie ſich engagirt hatte, den jungen Mann, der fortan zu den höheren Beamten ihres Hauſes gehören ſollte, wußte fie nicht zu behandeln. Sie hatte es als ganz natürli< und ſelbſtverſtändlich betrachtet, daß ſie ſi< dur< ſeine Gegenwart nicht ſtören laſſen und ruhig weiter ſtrien werde, jebt aber ließ ſie unwillfürlih den Stri>ſtrumpf ſinken, fie konnte nicht ander2, ſie mußte bei ſeiner Begrüßung ſich leiht von ihrem Plaß im Sopha erheben, ſie mußte fich gerade ſo verneigen, wie ſie es ge= than haben würde, wenn ein Standesgenoſſe ihr die erſte Viſite gemacht hätte; ſie mußte ihm mit ein paar höf= lichen Worten ſagen, ſie freue ſich, ihn zu ſehen, und bitte ihn, Plaß zu nehmen.

Und dem Herrn v. Oſternau erging es ähnli; auch er wax aufgeſtanden und hatte ſeinen Play am Fenſter verlaſſen, als der Kandidat ihn begrüßte, und als jeßt dieſer der erhaltenen Einladung folgend fi< einen Seſſel an das Sopha rü>te und ganz ungenirt, als müſſe dies jo ſein, Plaß nahm, that Herr v. Oſternau das Gleiche ; er fühlte die Verpflichtung als Hausherr, die von feiner &rau begonnene Unterhaltung fortzuſeßen.

„Es freut mich, daß Sie ſo pünftlih ſind, Herr Pech= mayer,“ ſagte ex, dem jungen Manne freundlich zuni>end. „5h bin na<h den Empfehlungen des Herrn Direktor Kramſer, eines alten Freundes meiner Frau, davon über= Jeugt, daß Sie die gleiche Pünktlichkeit und Pflichttreue auh bei dem Unterricht meines Friß bewähren werden.