Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 1.

E Klippen des Glüds.

daran aber dachte ex in demſelben Augenbli> niht mehr, als feine Finger die Taſten berührten. Seit Wochen hatte er niht mehr geſpielt, ja ex hatte ſogar einen gewiſſen Widerwillen gegen die Muſik empfunden, deren Zauber er ſich früher ſo gern tviderſtandslos hingegeben haîite. Jn dem trauxigen Seelenzuſtande, der ihn ganz beherrſchte, erſchien ihm das ganze Leben ſo ſchal und langweilig, daß ex die Luſt verloren hatte, irgendwie ſi< aus der troſtloſen Leere und Oede, in welcher er lebte, zu erheben. Feht aber, als die erſten Töne, die er hervorrief, an ſein Ohr klangen, ſtieg in ihm die Erinnerung auf an ſo viele wonnige Stunden, die er im Reich der Töne dur<ſ<hwelgt hatte, der Zauber der Muſik umfing thn- wieder, er fühlte ſich neu belebt, und dieſem Gefühle gab er Ausdru>. Er phantaſirte ſo innig, fo ergreifend, daß Frau v. Oſternau tief erſchüttert wurde, daß fie mit bebendem Herzen den wunderbaren Tönen lauſchte, und daß auh der Herr v. Oſternau gar nicht mehr daran dachte, zum Fenſter hinaus zu ſchauen nach mehreren Arbeitern, die eben vom Felde zurü>ehrend über den Hof ſchritten. Auch er verz gaß alles Andere, mit gefalteten Händen und geſenktem Bli> hörte ex zu. :

Der leßte Akkord war verhallt, der Spielende haite die Hände ſinken laſſen, ſein dunkles Auge ſchaute träume= riſch nieder auf die Taſten, plößlich aber rafſte ex ih auf, ein Lächeln zu>te um ſeinen Mund.

„Verzeihen Sie mir, gnädige Frau,“ ſagte ex, ſich ſchnell zu Frau v. Oſternau wendend. „J<h habe Jhnen da ein wildes, zuſammenhangloſes Allerlei vorphantaſirt.