Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 4.

68 Klippen des Glüds.

Ex ſah im Geiſte Lieschen, wie ſie empört fſi< von ihm abwandte, wie ſie ausrief: „Nichts iſt mix verhaßter und verächtlicher als die Lüge!“ Er hörte das Hohnlachen des Lieutenants über ſeine Demüthigung. Und Bertha! Sollte ſie eine Zeugin des beſchämenden Geſtändniſſes ſein ?

Nein, ex durfte nicht zurückehren, er konnte ſih weder der Gefahr ausſeßen, entlarvt zu werden, no< vermochte er ſein Unrecht offen einzugeſteßen. Beides tar gleich unmögli<.

Aber wenn ex niht na< dem Schloß zurü>fehrte, was ſollte er dann beginnen? Blieb ihm dann wohl etwas Anderes übrig, als die Heimkehr in das Vaterhaus ?

Und weêhalb niht? Früher hatte ihn der Gedanke mit Grauſen erfüllt, daß er gezwungen werden würde, das Wort feines Vaters einzulöſen, heute klopfte ihm das Herz ſtürmiſch, heute glühte ihm das Blut in den Adern, wenn ex an Bertha v. Maſſenburg, wenn ex daran dachte, daß er ſie als ſeine Braut in die Arme ſ{ließen werde.

Und doch zögerte er, doch konnte ex niht zum Ent= -<luß fommen. Selbſt in dem Sinnenrauſche, der ihn umfing, wenn die Erinnerung an Bertha ihn erfüllte, ex= ſchien ihm plößli<h cin holdes Bild, dann verflog der Rauſch, dann zog ihn die Sehnſucht mächtig nah Schloß Oſternau. Sein Leben meinte ex freudig hingeben zu wollen für ein mildes Wort der Verzeihung von Lieschens Lippen, für einen Bli der Liebe aus ihren Augen.

Ex konnte niht zur Entſcheidung kommen. Wie tief und eifrig ex au< in den nächſten Tagen bei feinen ein= ſamen Bergwanderungen nachſann, immer waren es die=