Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 4.

72 Klippen des Glüds.

ſehen, niht geglaubt worden ſei, daß man allgemein ge= glaubt habe, Egon habe ſi< einer unglü>lichen Liebe wegen das Leben genommen. „Sie haben alle ihre Freunde tief betrübt, Herr v. Ernau,“ fügte er der Mittheilung hinzu.

„Habe i< denn Freunde?“ erwiederte Egon bitter. „Die Wenigen, die vielleicht ein leichtes Bedauern über meinen vermeintlichen Tod gehabt haben, ſind reihli< da= für entf<ädigt worden dadurch, daß ih ihnen Gelegenheit zu intereſſanten Klatſchereien gegeben habe.“

„Das iſt ein. trauriger Glaube, um den i<h Sie nicht beneide,“ ſagte Freiſtetten «ernſt. „Nur wer ſelbſt Nie= mandes Freund iſt und nur an ſi denkt, kann ſolchen Glauben haben. Jh verſtehe es niht, wie Sie Jhren Vater — i< will von den Freunden nicht reden — viele Wochen lang ohne Nachricht laſſen konnten, ſo daß er end= lich wohl von Fhrem-Tode überzeugt ſein mußte. J<h bin wahrlich kein geeigneter Moralpredigerx, man wirft mix wohl mit Recht vor, daß i< unverantwortlich leichtlebig, ja leichtfertig ſei, aber das Necht glaube ih do< zu haben, Jhnuen einen Vorwurf daraus zu machen, daß Sie — ver= zeihen Sie mir den harten Ausdru> — ein unverantwort= liches Spiel getrieben haben mit Allen, die Sie lieb hatten, und ih rechne mi< zu dieſen, und vor Allem mit Jhrem Vater !“

Egon hatte keine Antwort auf dieſen Vorwurf, ex bat nur, Freiſtetten möge in ſeinen Mittheilungen fortfahren. Dies geſchah, und ſo erfuhr ex denn, daß ſein Tod twirk= lih jeßt offiziell in allen Berliner Zeitungen angezeigt