Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 4.

78 Klippen des Glüds.

allein zu ſpeiſen. Vierzehn Tage mindeſtens! Ex ſeufzte tief auf. Vierzehn Tage der Langeweile erſchienen ihm als eine unendliche Zeit. Aber es ging niht anders. Seil acht Tagen etwa war durch das Auffinden der Leiche Egon's jeder Zweifel darüber geſ<wunden, “daß der unglüliche Geheimrath v. Ernau den einzigen Sohn in ſ{hre>licer Weiſe verloren habe, ſeit acht Tagen hatte er tiefe Trauer angelegt, bis dahin hatte ihn ja do< immer no< die Hoff= nung aufre<ht erhalten, der geliebte Sohn werde zurüd= kehren; er hatte deshalb au< bis dahin nicht nothwendig gehabt, ſich die Freuden der Geſelligkeit zu verſagen; jeßt aber mußte er es als tieftrauernder Vater thun, mindeſtens drei Wochen lang, von denen erſt eine verfloſſen wax. Kummervoll bli>te ex die breite {warze Kreppbinde an, von welcher ſein linker Oberarm umſ{<lungen war.

In den exſten Tagen nah Auffindung der Leiche hatte er wohl no< eine Befriedigung in dem ungeheuren Aufſehen gefunden, welches in ganz Berlin die wunderbare Entde>ung erregt hatte, daß Egon v. Ernau nun wirklich todt ſei. Es war ſehr intereſſant geweſen, alle Zeitungen zu durhforſchen, in jeder lange Berichte über die wunder-= bare Geſchichte zu leſen, die zahlloſen Kondolenzviſiten zu empfangen, jedem Beſucher von Neuem zu zeigen, wie tief der Schmerz eines unglüclichen Vaters um den verlorenen einzigen Sohn ſei; dazu famen alle die Anordnungen für ein Leichenbegängniß, welches ſo prachtvoll ausfiel, wie man no< ſelten eines in Berlin geſehen hatte. Bei ſolcher Beſchäftigung verging die Zeit ſ{hnell, und dafür konnte auh wohl das Opfer eines einſamen Mittagsmahles ge-