Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 4.

Roman von Adolph Stre>fuß. . 79

bracht werden, aber jezt? Die Kondolenzviſiten hatten aufgehört, das Leichenbegängniß war vorüber, die Zeitungen enthielten feine Notizen mehr über den räthſelhaften Lod des Herrn Doftor v. Ernau, der Geheimrath fühlte fich daher jezt recht einſam, und der Gedanke, daß ex no< mindeſtens vierzehn Tage zurü>&gezogen von allen Vergnü= gungen der Reſidenz werde leben müſſen, machte ihn ſehr traurig. Es war doh wirtli<h für ihn ein hartes Schicf= ſal, den einzigen Sohn in der Blüthe der Jahre zu ver= lieren und nun um ihn travern zu müſſen !

Die Suppe war delikat und doh wollte ſie ihm nicht re<t ſ<me>en; ſeuſzend ſchaute er auf, da — der Löffel entſanf ſeiner gehobenen Hand und fiel flirxrend nieder in den Suppenteller, mit weit geöffneten Augen ſtarrte ex das Geſpenſt an, welches plößli<h beim Hellen li<hten Tage ihm erſchien, das Geſpenſt, welches ganz die Geſtalt und das Geſicht des Verſtorbenen zeigte. Da ſtand es in der ge= öffneten Flügelthür; nein, es ſtand nicht, es bewegte ſich iwie ein Menſch mit Fleiſh und Blut, es ging mit dem= ſelben elaſtiſhen Schritt, den Egon einſt gehabt hatte, durch den Speiſeſaal und gerade auf den no< immer laut= los mit ſtarren Augen Daſibenden zu.

„Guten Zag, Papa!“ ſagte Egon ſo ruhig gleichmüthig, als fomme er eben von einem fſeinen Spaziergang zurüd>, dann wendete er ſi<h zu dem aufwartenden Diener, dex, nicht minder erſchre>t als ſein Herr, ebenfalls ſtarr vor Staunen den vom Tode Wiedererſtandenen anſchaute. „Be= ſorgen Sie noh ein Couvert, Johann, aber ſ<hnell; ih habe no< niht gegeſſen und barbariſchen Hunger !“