Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 4.

Hiſtoriſhe Novelle von Hanns v. Spielberg. 95

in der Stadt Kulm Dienſt genommen. Jm Herbſt nun mußten wir Alle, die Waffen tragen konnten, hinaus, dieweilen die Sudauer Heiden fi gegen die ehrwürdigen Ordensritter empört hatten. Wax damals noch ein wil= des gottvergeſſenes Volk und überfiel niht, wie vielleicht hie und da heute no<, einzelne Chriſtenleute, ſo ruhig ihres Weges ziehen, ſondern führte in großen Haufen richtigen Krieg, wie die Nitter ſelber. So zogen wir nun na< Sonnenaufgang viele Meilen weit, immer dur< Wälder und Sumpf, bald hier ein Heidendorf ſengend, bald dort einen Haufen, der ſi<h zur Wehre ſehte, uieder= machend. Wir mochten ſo an tauſend Mann ſein, halb Pikeniere, halb Armbruſtſhüßen, und etwa fünfzig Ritter und Knappen führten uns an — was abex die Haupt= maſſe der Heiden war, die friegten wir niht zu Geſichte, weil fie immer tiefex vor uns in den Forſt zurü>wichen. Endlich theilte uns unſer Komthux, der Edle v. Orſeln, ſo na<hmals Hochmeiſter des Ordens war“ — dabei griff der Knecht an die Lederfkappe — „in mehrere Haufen und ſchi>te uns einzeln vor. Wie wirx nun die zweite Nacht unſer Lagex aufgeſchlagen haben, mitten im Walde, und denken, unſere Poſten geben gut Acht, - ſchallt plöß= li der ganze Wald wieder von toliſtem Geheul und mit einem Male ſind die Heiden übex uns. Hatten die Feinde unſere Wachen niedergemeßelt, ehe denn wir es mexkten, uns umzingelt und — na, Herr Schultheiß, kurz und gut oder vielmehr f{<le<t — wix waren in ihrer Gewalt.“ Als der grauhaarige Knecht, ni<t in fortfließender Rede, ſondern vielmals ſto>end und ſtotternd, aber doh