Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 5.

116 Klippen des Glüdfs.

I< fühlte die Verpflichtung, Herrn v. Oſternau meine traurige Uebereilung zu berichten; es war für mich eine ſchwere Aufgabe, aber ih mußte ſie erfüllen; fo ging i< denn wieder nah dem Pfarrhauſe. Meine Beichte kounte ih niht ablegen, Herr v. Oſternau hatte die Augen für immer geſchloſſen.

Erlaſſen Sie es mix, Herr v. Ernau, Jhnen den tieſen Schmerz, ja die Verzweiflung zu ſchildern, in welche Frau yv. Ofternau dur< den Tod ihres trefflichen Gatten ver= ſeht wurde. Sie hatte ihn von ganzem Herzen geliebt, ja verehrt, die Welt erſchien ihr troſtlos und leer, na<dem er von ihr geſchieden war. Jhr einziger Troſt waren ihre beiden Kinder, Lieschen und Fribchen, jebt der jugendliche ‘Majoratsherr von Oſternau.

Wahrlich, die unglü>liche Frau bedurfte des Troſtes in jeder Beziehung, denn nah dem Tode des Herrn v. Oſternau fand ſich, daß ſeine Verhältniſſe niht ſo glänzend geweſen ivaren, wie man wohl allgemein geglaubt hatte. Jn früheren Jahren hatte er alle Neberſchüſſe der Majorat?= güter verwendet zu Verbeſſerungen derſelben, erſt ſpäter hatte ex daran gedacht, zu ſparen, um ſich ein freies Ver= mögen zu erwerben, welches er ſeiner Frau und Tochter hinterlaſſen konnte; aber die edelherzige Großmuth, mit welcher er mehrfach die Schulden ſeines Velters Albrecht bezahlt Hatte und welche au< die Urſache zu anderen namhaften Kapitalsverluſten geweſen war, hatte ihn in ſeinem Beſtreben gehindert. Erſt in den lebten Jahren war es ihm gelungen, etwa ſehzigtauſend Thaler freies Kapital zurü>zulegen, mit dieſem Gelde wollte ex für Lies=