Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 5.

Novelle von Adolph Katſg. 141

milie geblieben, von dem eingetretenen Unglücfsfalle in Kenntniß zu ſeen. :

Wie Du Dich erinnern wirſt, gab es zu damaliger Zeit nur einé einzige Telegraphenlinie, welche von Berlin über Magdeburg nah Köln führte, jedo<h nux aus optiſchen Zelegrarhen beſtand, die bei nebligem/ Wetter ganz um= ſonſt ihre Arme über dem Kopfe zuſammenſ<hlugen und vergebli<h ihre Geheimniſſe der nächſten Station verſtänd= lih zu machen ſu<hten. Glücflicherweiſe wax aber diesmal fein Nebel geweſen, und als i< Nachmittags bei meinem Patienten wieder vorſprah, fuhr plöglich eine vierſpännige Extrapoſt vor dem Hauſe an. Eine ſ{<lanke junge Dame entſprang haſtig dem Wagen, eilte die Treppen hinauf, ſ<hob im Vorzimmer den verblüfften Martin bei Seite, ſtürzte in das Zimmer herein und warf ſich mit dem Aus= rufe: „Vater, liebſter beſter Vater, lebſt Du noh?“ laut [<lu<zend vor dem Bette des Kranken auf die Kniee nieder.

„Aber Rexa, biſt Du von Sinnen? Was willſt Du hier? Mach’, daß Du wieder fortfkommſt! Du ſiehſt ja, hier fönnen wir fein Weibervolfk brauchen!“ rief der Alte barſch.

„Nein, Väterchen,“ ſagte die junge Dame ſ{<meichelnd, indem ſie aufſtand und den Kranken zärtlich küßte „nein, Väterchen, das darf nicht ſein! Du darfſt mich nicht wie= der fortſchi>en, Du biſt frank und ih muß Dich pflegen, bis Du wieder ganz geſund biſt!“

Der Vater ſ{lang den Arm um ſein Kind und ſagte in etivas ruhigerem Tone: „Rexa, Du. biſt nicht geſcheidt!