Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 5.

Novelle von Adolph Katſch. 145

ſchildern au< no< zwei kleine goldene Medaillons befanden, von denen das eine das Bruſtbild eines franzöſiſchen Offiziers, das andere das einer ſ{önen jungen Dame umſ<hloß. J< nahm den größeren der beiden Ringe heraus und ſte>te ihn an meinen Finger; ſeit dem vergangenen Jahre hatte ih ihn wegen einer Verlegung am Finger, die aber längſt wieder geheilt war, niht getragen und hatte ihn faſt vergeſſen.

Comteſſe Nexa war ausgegangen. Der General lag au8geſtre>t auf ſeinem Bette, und na< einem furzen Zwie= geſpräche über gegenſeitiges Ergehen, Wind und Wetter forderte mi<h der alte Herr auf, wie das ſhon dfter gez ſchehen, mit ihm eine Parthie Schach zu ſpielen.

Als i<h bei einem Zuge, der längeres Nachdenken in Anſpruch nahm, die Figux unſchlüſſig zwiſchen den Fingern Hielt, bemexrfte der General den Ring an meiner Hand.

„Was haben Sie da für einen eigenthümlichen Ning?“ fragte ex plößlih.

I< zog den Ning vom Finger, der allerdings unge= wöhnli<h geformt war und namentli<h dadur< auffiel, daß Jein oberer Theil niht einen Stein, fondern eine Stahl= platte einſ<loß, in der ein adeliges Wappen hö<ſt zierlich eingeſtochen war. Jh reichte ihn dem Grafen hin, dex ihn haſtig nahm, von allen Seiten ſehr genau betrachtete und dann heftig fragte: „Doktor, woher haben Sie diefen Ning?“

„Von meinem Vater,“ erwiederte ich.

„Das iſt unmöglich!“ entgegnete die Excellenz. „Sie heißen Bernard! Wenn der Eigenthümex dieſes Ringes Ihx Vater war, ſo muß ex anders geheißen haben, das be= weist das Wappen Hier !“

Bibliothek. Jahrg. 1884, Bd. YV. 10