Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 6.
218 Die Schule des Geizes.
und ärmlichen Vorſtädte von Paris ein kleines Dachſtith= hen, und dort hauste ex jahraus jahrein, ohne einen Menſchen um ſi< zu dulden, der ihn mit ſeinen Hand= reichungen unterſtüßt hätte. Um die Ausgabe für den Tiſch zu ſparen, bedang ſi< Chapelain bei ſeinen Erben Jein Leben lang freies Eſſen aus, und ſobald ex einmal ausgebeten wax, zog er von denſelben eine beſtimmte Ab= findungsſumme dafür, daß er niht bei ihnen gegeſſen hatte, ein. Mitten im Sommer ging der Geizhals in einem großen blauen Tuchmantel von ehrwürdigſtem Alter, mochte es au< noh ſo heiß ſein, und wenn man ihn nah der Urſache dieſer ſonderbaren Tracht fragte, ſo antwor= tete er ſtets, daß er ſih niht wohl befände. Dex Schrift= ſteller Conrart ſagte ihm daher einmal lachend: „Lieber College, ſeien Sie doch etivas offener, ih glaube, Jhr Rok iſt es, dex ſich niht wohl befindet.“ Und ex hatte Recht, denn Chapelain trug ſein Leben lang ein ſo ge= flidtes und aus den verſchiedenſten Stücken zuſammen= geſeßtes Kleid, daß die Fäden an demſelben den Spinn= geweben in threr kunſtvollen Mannigfaltigkeit glichen, infolge deſſen ihn die Mitglieder der ſranzöſiſhen Aka= demie der Wiſſenſchaften niht anders wie den „Ritter vom Spinnenorden“ nanuten.
Dex Kardinal Richelieu, der die merkwürdige Schwäche hatte, ſeinem hohen Ruhme als Staatêmann auch den eines berühmten Schriftſtellers Hinzufügen zu wollen, glaubte in Chapelain die beſte Hilfe für ſeine ehrgeizigen Zwecke zu finden, und trat mit ihm in ſehr intimen Ver= fehr. So unbeliebt dieſer auh wegen ſeines widerlichen