Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 7.

Roman von Adolph Strecfuß. 95

den freieſten und weiteſten Ausbli> über die Wieſen und Felder hatte. Wenn ex auf der einfachen Holzbank ſaß, dann ſchaute ſein leibliches Auge hinaus in die lachende Landſchaft, vor dem geiſtigen Auge aber ſtiegen Bilder auf aus einer vergangenen Zeit. Jn der Herrenlaube hatte ſich ſein Schitſal entſchieden, an ihr hafteten ſeine traurigſten Erinnerungen , aber gerade deshalb ſuchte ex ſie auf, um von der vergangenen Zeit zu träumen.

Zwei Jahre waren vergangen ſeit jenem traurigen Tage, an welchem ex gewaltſam die Liebe zu einer Unwürdigen aus ſeinem Herzen geriſſen hatte, zwei kurze Jahre, aber wie war do< Alles, Alles ſo anders geworden, |ivie hatte er ſelbſt ſi<h verändert! Damals hatte ex froh in die Zu= funſt geſchaut, heute bli>te er müde in die Vergangenheit zurü>, damals war ex ein junger Mann voll Lebens= muth und Lebenskraft geweſen, heute erſchien ex ſich ſelbſt alt, ermüdet, verlebt.

Hatte er denn ſo Vieles und Schweres in den lebten zivei Jahren erlebt, waren ſie ihm nicht, einige wenige Stunden des Sturmes und Dranges ausgenommen , vox= übergangen in trauriger Einförmigkeit? Jn dieſen wenigen Stunden hatte ſih die Entſcheidung ſeines Schi>ſals voll= zogen. Bertha war ihm nachgefolgt, ſie hatte ſich-an ſeine Bruſt geworfen, hatte ihm weinend betheuert, daß ſie ihm die volle Wahrheit geſagt habe, hatte ihn angefleht, nicht den Lügen threxr Feinde zu glauben, abex ihre Thränen hat= ten ihm das verlorene Vertrauen nicht wiedergeben können, ſie ſelbſt Hatte es erſchüttert, war ihm doh jedes Wort in treuer Erinnerung, welches ſie geſprochen hatte, um ſeine