Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 1.
166 Dex Condéer.
nunmehr ihm mittheilen werde, entgegnete ſie ohne Be= ſinnen, feſt und ernſt: „Nichts, Herr Juſtitiar !“
„Nichts !“ wiederholte er erſtaunt. „Das iſt ſehr wenig, Frau Horak; das iſt zu wenig.“
„ZG habe,“ erwiederte ſie unbeirrt in ihrer Haltung, „von der Stunde an, da ex mi verließ, keinerlei, nicht die allergeringſte Nachriht von ihm. Was alſo könnte ih beim beſten Willen Jhnen über ſeinen Aufenthalt ſeit zwei Jahren mittheilen ?“
„Gut, einverſtanden!“ ſagte der alte Herr. „Was könnten Sie mix darüber miltheilen! Aber Sie können doh wohl das geheimnißvolle Dunkel, welches jene Stunde umhüllt, in dex er Sie verließ, aufhellen und damit dent Gericht einen feſten Punkt bieten, von dem aus es weiter zu forſchen vermöchte. Wollen Sie dies niht thun ?“
„Nein,“ erwiederte ſie. „Jh bin niht verpflichtet dazu, nicht wahr, Herr Juſtitiar ?“
„Allerdings nicht eigentli,“ Tieß er jeßt einen ſeiner forſchenden Amtsbli>e auf ihrem verhärmten Antliß ruhen. „Sie find niht verpflichtet, als Frau zu Ungunſten Jhres Mannes eine Ausſage abzugeben, oder wenn Sie ſelber fich dadux<h Schaden und Gefahr bereiten würden. So muß es denn,“ drang er mit einem unverkennbaren Mißtrauen gegen ſie vor, „eine furchtbare Stunde geweſen ſein, in dex dieſe unbegreiflich plößliche Trennung geſchah.“
Sie ſchwieg.
„Toni!“ wandte ſi<h ihr Vater nun bittend an ſie. „Sprich! Mache Dein Herz frei, nimm uns den Stein von der Bruſt! Was geſchah in jener unſeligen Stunde ?