Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 13.

112 Das Drama im Kaiſerſ{loß.

ſchauend, ob Niemand ſie hören könne. Noch mehr als das aufregende Creigniß, deſſen Opfer das Hoſfräulein Alexa werden ſollte und wovon blißſ<hnell die Kunde ſi in alle Theile des weiten Palaſtes verbreitet hatte, be= ſchäftigte die Gemüther ſeiner Bewohner die ſeltſame Art, in welcher der Kaiſer ſi vor allen Wachen geberdet, die drohenden Worte, die man von ihm vernommen, und die auffälligen Maßregeln, die man im Schloſſe wahrnahm oder von denen man exfuhr. Jn der kaiſerlichen Familie vor Allem ſah man unter furchtbarer Angſt etwas Schre> lichem entgegen.

Bewußtlos hatte man Alexa vom Korridor nach ihrem Zimmer getragen, und der Großfürſt Konſtantin hatte ihr, lroßdem ihm dur< die Drohung ſeines Vaters der Kopf mit eigener Sorge voll wax, durch ihre Kammerfraun das Villet Sorin's zukommen laſſen. Für Alexa, die ſi bald wieder erholi hatte, bildete der Jnhalt des Briefchens einen Troſt in ihrer Seelennoth. Zunächſt den, daß Sergei frei war, und daß er die Hoffnung auf Rettung noch nicht _verloxen hatte, denn er ſchrieb ihr: „Mir iſt vom Kaiſer verboten worden, den Palaſt zu betreten. Jſt es Dir möglich, ſo komme heute Abend um fünf Uhr in die Ver= bindungsgallerie des Souterrains vom Winterpalaſt. J< werde Dich dort erwarten, Geliebte. Habe Muth, wie ih ihn nach der entſeßlichen Audienz wieder gefunden. Wir müſſen uns wie um unſer Leben wehren.“

Das richtete ſie doh auf und verlieh ihr eine neue Spannkraft. Sich wehren, ja, das verlangte das Recht der Natur. Jhr ſüdliches tatariſches Blut wallte auf und