Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 13.

170 Das Drama im Kaiſerſchloß.

Fürchten Sie nicht,“ hob ſie ſtolz ihr Haupt empor, „daß ih Sie dies bereuen laſſen kann ?“

„Nein, Madame; denn ih thue meine Pflicht. Was immer nachher mein Lohn dafür ſein mag, in dieſer Stunde, Majeſtät, in dex ih mit meinen Mitverſchworencn, für Rußlands Wohl beſorgt, Jhren Sohn auf den Thron geſeht habe, muß ich dafür einſtehen, daß die Revolution glatt und ohne Kampf und Blutvergießen weiter dur<hgeführt werde. Dazu gehört, daß Sie verhindert werden, im leßten Moment unſerer Sache noh eine andere Wen= dung zu geben, indem Sie vielleicht in Jhrem Schmerze übex den Tod Jhres Gemahls —“

„Mein Gemahl iſt todt ?“ ſchrie die Kaiferin auf.

„Jh kann es Jhnen niht verſchweigen.“

Sie bede>tte ihr Geſicht mit beiden Händen und blieb Minuten lang in dieſer Stellung. Thränenlos vox über= großem Schmerz ſtarrte ſie dann noh, als ihre Arme ſchlaf} herabgefallen, vor ſich hin.

„Todt!“ entfiel es endlih ihren Lippen. „So hatte er richtig geahnt! Und wie ſtarb er?“ fragte ſie mit mißtrauiſcher Scheu, indem ihre brennenden Augen fich auf das kalte, regungsloſe Geſicht des alten Feldherrn hefteten.

„Ex ſtarb,“ antwortete dieſer ohne Zögern, „im Jähz zorn über die Thronenlſagung, die wir ihm abforderten.“

Die Kaiſerin ſhwieg und kämpfte die Zweifel nieder, die dieſe Mittheilung des Generals in ihr zurüd>ließen. Wie gewaltſam ſich von dieſem ſhmerzlihen und ſchre>lichen Gegenſtande des Geſpräches losreißend, fragte ſie