Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 13.

Novelle von Schmidt-Weißenfels. —- 181

Phantaſie erhißenden Gedanken riß ihn die Ankunft eines Reiters, der in den Kaſernenhof ſprengte und ihm eine Depeſche Pahlen’s überbrachte. Sie enthielt furz und klar die Entſcheidung: Kaiſer Paul war abgeſeßt und am Schlagfluß geſtorben; Zar Alexander war ſein Nachfolger.

Sergei ſtußte doh. Kaiſer Paul todt? Vom Schlag gerührt? Möglich wohl, daß es ſo zuſammengetroffen ; aber er hielt einen gewaltſamen Lod für wahrſcheinlicher und dankte dem Himmel, daß ex in den geheimnißvollen Kreis dieſes Ereigniſſes niht gezogen worden war.

Dann ließ ex ſein Bataillon unter Waffen treten und fündete ihm an, was geſchehen.

„Es lebe dex Kaiſer Alexander T.!“

Das Hurrah ſeiner Soldaten antwortete ihm.

Eine neue Ordonnanz ſprengte heran. Sie überbrachte Sergei Sorin den Befehl, auf der Stelle na<h dem Sommerpalaſt zu marſchiren und die Wache daſelbſt, wohin der Zar Alexander mit dem Hofe überſiedele, zu beziehen.

Durch die finſtere Nacht nahm er mit ſeinen Chevauxlegers den Marſch dahin.

Wie anders feine Stimmung nunmehr! Der Haß, den der Kaiſer Paul in ihm aufgerufen, war erſtorben ; der Tod tes Unglü>lichen, deſſen Wahnſinnsbeſ<luß ihn zum Verräther und Rebellen gemacht, hatte ihn verſöhnt. Um ſeiner Liebe willen, für die er das Höchſte zu opfern bereit war, hatte ex den Sturz des Todfeindes erſehnt, der ihm ſo unvermuthet und ohne Grund erwachſen; nun er dahingeſtredt war, einem düſteren Verhängniß verfallen, hatte ex niht mehr mit ihm zu reten.