Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 13.

BO Das Drama im Kaiſerſchloß.

daß nun die Gemahlin deſſelben, die Kaiſerin Maria Feodorowna eine geborene Prinzeſſin von Württemberg, ſie in ihren mütterlihen Schuß nahm. Nach wie vor war ſie der Liebling am Hofe, und man betrachtete und behandelte ſie wie zur kaiſerlichen Familie gehörig.

Das ſchöne Tatarenkind war inzwiſchen zu einer zwanzigjährigen Jungfrau herangereift. Jhre ſchlanke, zierliche Geſtalt, ihr Geſicht, auf dem Unſchuld und Natürlichkeit leuchteten, der blendend weiße Hals, der das Haupt mit [<warzen, glänzenden, vielfah in Zöpfen geflochtenen Haaren und mit den dunklen, ſ<ma<htenden Augen trug dies Alles, ſowie ihr lebhaftes und graziöſes Weſen, übte einen berüdenden Zauber auf ihre Umgebung aus, dem auh man<’ Männerherz in leidenſchaftlicher Liebe ſchon verfallen war.

Unter allen Bewerbern um ihre Hand hatte Alexa feinen Andern erhört, als den jungen Grafen Sevgei Sorin, der eine Zeit lang Adjutant des Großfürſten Alexander, des älteſten Sohnes Kaiſer Paul's, geweſen war, mit der Freundſchaft deſſelben beehrt wurde und ſich auch der be= ſonderen Huld der Kaiſerin Maria ſowie der kaiſerlichen Familie erfreute. Dex Zar war ihm wegen ſeiner ritter= lichen Cigenſchaften wohl geſinnt und hatte ihn troß ſeiner Jugend zum Befehlshaber eines Bataillons der Garde er= nannt.

Seit Jahresfriſt ſchon beſtand zwiſchen Sergei und Alexa der Herzensbund im tiefſten Geheimniß. Der junge Graf wartete mit qualvoller Ungeduld immer noh auf die Erlaubniß ſeines Vaters, der als Sonderling auf