Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 13.

Novelle von Schmidt-Weißenfels. 89

wo nah und nah Hunderte von Menſchen mit ehrfurcht2= voll entblößtem Haupte, troß einer grimmigen Märzkälte, an der langen Front des Reſidenzſchloſſes vorübergingen. Dies war ſein Befehl, au<h für den Fall, daß er nicht anweſend ſei, und es gelüſtete ihn täglich, ſi<h von dieſer demüthigen Unterwürfigkeit ſeiner Unterthanen zu über= zeugen.

„Ja,“ hörte er ſeinen Vertrauten ſagen, nachdem ihm derſelbe Bericht über die Aufnahme der Werbung Sergei's bei ter Zarin erſtattet hatte; „es iſt bei Jhrer Majeſtät geſtern förmlich die Verlobung gefeiert worden.“

Der Zar, der in die Uniform eines ruſſiſchen Feld= marſchalls gekleidet war, ſtampfte heſtig mit dem Fuße auf, ſo daß der Sporn an ſeinem hohen Reiterſtiefel flirrte.

„Offenbar iſt dieſe Verbindung nah dem Herzen der Kaiſerin und auh Jhrer kaiſerlichen Hoheiten der Großſürſten Alexander und Konſtantin“ fuhr Kutaiſſow unbeirrt fort.

„Warum?“ herrſchte ihn der Monarch an, indem ex ſih vom Fenſter abwandte.

„Warum, Sire? Graf Sorin ſteht ja doh ſeit der Zeit, daß cr Adjutant bei Ihrem Sohne Alexander war, in großer Gunſt bei der ganzen Familie. Auch Eure Majeſtät ſelbſt —“

„Damals!“ unterbrach der Kaiſer wie ingrimmig und ſtarrte dann unheimli<h vor ſi<h hin auf den perſiſchen Teppich. Einſt eine ſ{<öne männliche Erſcheinung, wenn auh nur von mittelgroßer Figur, war ex in dex lebten