Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 2.
98 Dex Tali3man des Weibes,
that noch ein zweites Stü Zu>ex hinein, koſtete aber= mals und begann endlich mit dex Miene des Kenners den vortrefflichen Moffa langſam zu ſ{liürxfen.
Der Graf ſaß ihm gegenüber voll geſpannter Exwar-= tung, ungeduldig und bewegt von quälenden Fragen.
„Noch eine Portion, Kellner! Und einen Benediktiner! Dieſen Gang dux<h die Straßen ſpüre ih bis in das Maxk meinex Knochen,“ meinte dex Juſtizrath nach einer Weile. „Sie ſehen übrigens nicht ganz ſo friſh aus, wie vox einigen Jahren, Graf Freiberg!“
„Jh habe lange an meinem Arm herumkuriren müſſen,“ erwiederte der junge Mann ſchnell, „und doh iſt ex halb ſteif geblieben. Sehen Sie! Die berühmteſten Aerzte ſind mit ihrer Kunſt daran geſcheitert. Woher kommen Sie, Herr Juſtizrath ?“
„Aus Brüſſel. Warum?“
„Warum?“ rief der Graf mit ſ{<hmerzli<hem Vorwurf. „Sie fragen no<?“ Ex beugte ſich tiefer über den Tiſch. „Wo iſt Jrmengard?“
Dreyſing ſchob ſeinen Stuhl zurü> und zwinkerte for= ſchend mit den Augen. „Soll das Scherz ſein oder Ernſt ?“
„Heiliger Ernſt! Sagen Sie mix um Gottes willen, Herr Juſtizrath, wo iſt Jrmengard! Unter den Lebenden fann ih ſie niht finden, unter den Todten —“ ex brach haſtig ab. „Gleich nah jenem Ereigniß damals erhielt ich, wie Sie ja bereits wiſſen, einige Zeilen von Jrma's Hand, in welchen ſie auf unbeſtimmte Zeit Abſchied von mix nahm. Seitdem hörten unſere Beziehungen zu ein= ander auf. Was habe ich gelitten in dieſen Jahren!“