Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 2.

256 Mannigfaltiges.

Eine Anſprache. — Der berühimle-Malesherbes, Miniſter des Junexn unter Ludwig XVL, hatte ſeinex Zeit, dex franzöſiſchen Etifette gemäß, die Obliegenheit, dem in der Wiege liegenden Dauphin eine Rede zu halten. Das Kind ſchrie gerade heſtig, und Malesherbes ate: „Mögen Eure fönigliche Hoheit zu Jhrem eigenen und zum Gliücfe Frankreichs gegen die Sprache der Schmeichélei ſtets #o imempfindlih und taub ſein, wie Sie es jeht ſür dieſe Rede ſind, die ih die Chre habe, an Sie zu richten.“ L. M.

Zunmerx praktiſch. — Ein amerikaniſches Journal ſchreibt : „Die neueſte Crfindung in der Papierbranche ſind Hemden mit Papiereinſaß in ſieben loſen Blättern über einander, von welchen man täglich eines abreißt und ſo alle Tage eine reine, weiße Bruſtfläche darbietet. “Dex Erfinder dieſer ſehr prafttiſchen Tracht druct jezt auf die Rückſeite der einzelnen Blätter eine höchſt ſpannende Novelle in Fortſezungen. Hat nun der Träger eines ſolchen Hemdes einmal mit dem Leſen der Geſchichte begonnen, ſo fann ex oft nicht bis zum nächſten Tage auf die heiß erſehnte Fortſezung warten, ſondern reißt die Blätter herunter, bevor es ſonſt nöthig ſein würde, wodurch ſich der Konſum dieſer Hemdeneinſäße ſo ſteigert, daß der Patentinhaber den an ihn geſtellten Anſprüchen kaum mehr genügen fann.“ R.

Geſuch und Beſcheid. — Jn Avignon fonnte man vormals für zehn Thaler Doftor werden. Ein luſtiger Advoktat, der ſoeben für dieſen Preis den Doftorhut empfangen hatte, zählte no< zehn andere Thaler auf den Tiſh und bat ganz ernſthaſt um die Gewogenheit, auch ſeinem Pudel die Doktorwürde zu verleihen. „Wix fkreixen nie zwei Viecher an einem Tage,“ erhielt er als Beſcheid. v. P.

Herausgegeben, gedrut und verlegt von Hermann Schönlein in Stuttgart.