Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 2.

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Roman von Georg Hartig. 57

Der Graf, den verwundeten Arm in dex Vinde tragend, empfahl ſi< kurz und fuhr davon. Sein Begleiter half den lebloſen Körper des Amtsrichters vom Boden auf= richten.

„Nun?“ fragte er leiſe mit bezeichnender Geberde.

„Vorwärts!“ fkommandirte der Mann der hübſchen, ſanften Doktorin, „Plappern können wir ſpäter dariiber. Den Oberkörper niedriger, Dreyſing! Jh ſteige zuerſt ein. So, nun legen Sie ihn auf meinen Schoß! Schärfen Sie dem Menſchen da oben noh einmal ein, Schritt für Schritt zu fahren !“

Langſam, mit dem Paradeſchritt des Todes, ſebte ſich das Gefährt in Bewegung.

Margarethe Werner hatte die Zwiſchenzeit benußt, ihre Habſeligkeiten einzupa>en und ſich für die Nachtfahrt vor= zubereiten. Sie beſaß kein erregbares Nervenſyſtem und deshalb auch kein lebendiges Spiel der Phantaſie. Es war ihr nicht gegeben, vor möglichen Shrebildern zu zittern, de8halb hatte ſie auch jeht troß ihrer tiefen Beſorgniß und Trauer die Hände niht müßig in den Schoß legen können, ſondern überall Ordnung geſchafft und das Andenken der treuloſen Jrma um Meiſchi>'s willen ſo viel wie möglich ans den Räumen verbannt.

Es dämmerte bereits, als die Hausthüre drunten heftig aufgeriſſen ward. Margarethe eilte pochenden Herzens auf den Flux hinaus und beugte ihr ängſtlich forſchendes An= tlih tief über das Treppengeländer. Noch brannte kein Licht in dem dunklen Korridor. Haſtig eilte ſie zurü> und kehrte, die hellſeuchtende Lampe in der Hand tragend,